Kirche in Pantlitz Ein E macht den Unterschied

Von Marion Wulf-Nixdorf

37 Meter hoch ist der Kirchturm von Pantlitz. Von oben kann der Besucher einen atemberaubenden Blick über die Recknitz genießen.

Foto: H.-J. Kohl

31.05.2015 · Pantlitz. Nach dem gemeinsamen Himmelfahrtsgottesdienst der drei Kirchengemeinden Ahrenshagen und Lüdershagen, Semlow-Eixen und Damgarten erklang Bläsermusik vom Pantlitzer Kirchturm. Das war allen eine besondere Freude, denn fast hätte dieser Turm 2013 gesperrt werden müssen – aber dann kam Hilfe von der Bundeskanzlerin.

Vor zwei Jahren waren Steine vom Pantlitzer Kirchturm gefallen. Gemeindepastor Christhart Wehring war kurz davor, ihn sperren zu lassen, um Besucher der Kirche nicht zu gefährden. Viel Geld hatte die Kirchengemeinde nicht, denn es stand auch eine Schwammsanierung im Pfarrhaus in Ahrenshagen an. Er schrieb einen Brief an die Bundeskanzlerin, schließlich liegt Pantlitz in ihrem Wahlbezirk, gratulierte zu ihrem Wahlerfolg und bat um finanzielle Hilfe bei den Baumaßnahmen, die auf 80.000 Euro geplant waren.

Nur 14 Tage später kam ein Anruf aus Angela Merkels Büro, erzählt Wehring. 80.0000 Euro könne man leider nicht zur Verfügung stellen, hieß es, aber 35.000 Euro aus dem Fonds der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. Damit war schon fast die Hälfte beisammen. Weitere Mittel gaben der pommersche Kirchenkreis (25 000) und die Hoffmann-Stiftung aus Hamburg (7500). 12.500 Euro brachte die Kirchengemeinde Ahrenshagen-Pantlitz mit ihren rund 550 Mitgliedern selbst auf. So konnte der Turm samt Fenstern instand gesetzt werden, die Kirche kann weiter genutzt werden.

Das Wohnen in Pantlitz sollte auslaufen

Dass es sie überhaupt noch gibt, grenzt an ein Wunder. 1972 hatten der Gemeindekirchenrat und der Gemeindebeirat, zusammen 25 Personen, schon beschlossen, die Kirche aufzugeben, schreibt der frühere Gemeindepastor Michael Reimer in einem kleinen geschichtlichen Überblick von 2011. Das hatte nicht nur mit Bauschäden, sondern auch mit kirchlichen Strukturmaßnahmen zu tun. Die größeren immer zu Pantlitz gehörenden Dörfer Behrenshagen, Daskow und Tempel waren Ende der 1950er-Jahre zu Damgarten eingepfarrt worden. Es lagen andererseits staatliche Pläne vor, die kleinen Dörfer Dettmannsdorf und Prusdorf zu schleifen und das Wohnen in Pantlitz nach und nach auslaufen zu lassen.

Die Legende besagt, so erzählt es Wehring, dass die Kirche gesprengt werden sollte. Ein Sprengkommando sei bereits unterwegs gewesen. Aber es fuhr nach Pantelitz bei Stralsund. „Ein E machte den Unterschied“, sagt Wehring. Gut, dass es dort gar keine Kirche gab. So blieb Pantlitz verschont, verfiel zwar weiter – aber konnte auf bessere Zeiten warten.

Nutzung als Radfahrerkirche

Auch wenn die Kirche gesperrt wurde zu DDR-Zeiten, das kirchliche Leben im Ort ging weiter. Einmal im Monat fand hier Gottesdienst statt. Nach der Wende konnte das Gebäude dann mit öffentlichen Geldern saniert werden. Weil für die Genehmigung von Fördergeldern immer Ideen gefragt sind, beschloss der Gemeindekirchenrat eine Nutzung als Radfahrerkirche. Der Fahrradtourismus in der wunderschönen Gegend an dem ehemaligen Grenzfluss zwischen Mecklenburg und Pommern, der Recknitz, nahm nach der Wende von Jahr zu Jahr zu. Dafür musste die Kirche sichere Öffnungszeiten anbieten, Toiletten, eine kleine Küche zum Kaffee und Tee kochen und eine Reparaturstation mit Flickzeug.

2006 wurde Pantlitz offiziell als Radfahrerkirche eingeweiht. Von Mai bis September sind nun täglich zwei Frauen dort, um sie offen zu halten. „Ich finde es immer wieder toll, dass sich jedes Jahr Menschen finden, die diesen Dienst tun“, sagt Pastor Wehring. Ein gemütlicher Raum steht zur Verfügung, in dem auch Gruppen Platz haben. Und der Blick vom sogenannten Burgwall, auf dem die Kirche steht, ist einmalig: Weit über den Grenzfluss Recknitz kann man ins mecklenburgische und vorpommersche Land sehen.

Wer noch Luft übrig hat, sollte auch auf den 37 Meter hohen Turm steigen und aus den Luken sehen. Da geht einem das Herz auf. Am Himmelfahrtstag nutzten viele diese Möglichkeit und erfreuten sich nach dem Gottesdienst, in dem die Kirche bis auf den letzten Platz gefüllt war, am gemeinsamen Mittagessen, an den Gesprächen und der Bläsermusik.

Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 22/2015


Gruppen, die die Radfahrerkirche besuchen wollen, sollten sich anmelden im Pfarramt Ahrenshagen unter Tel.: 038225 / 223. Das 23. Burgwallsingen findet am Sonnabend, 20. Juni, um 14.30 Uhr mit drei Chören statt.