Bewerbungsmappe eingereicht Die Kirche in Herzfeld bekommt dank vieler Sponsoren ein neues Dach

Von Marion Wulf-Nixdorf

Pastorin Alena Saubert zeigt die „Bewerbungsmappe“

Fotos: Marion Wulf-Nixdorf

23.08.2015 · Herzfeld. Stiftungen bekommen Hunderte, wenn nicht Tausende Anträge mit der Bitte um finanzielle Hilfen. Was können wir tun, dass wir auffallen? Wie können wir überzeugen, dass ausgerechnet wir das Stiftungsgeld dringend brauchen und es bei uns bestens angelegt ist? Diese Frage stellt sich auch so manche Kirchengemeinde. In Herzfeld hat man eine Möglichkeit gefunden.

„Warum ist Ihnen Ihre Kirche wichtig?“, fragte die Pastorin bei einer Kirchengemeinderatssitzung und verteilte Zettel für die Antworten. Betretene Gesichter. Was soll man denn auf so eine Frage antworten? „Aber Sie sind doch hier getauft“, „... haben hier geheiratet“ , „... haben Ihre Enkel hier taufen lassen“, half die Pastorin nach.

Wem nicht doch noch was einfiel am Abend, der konnte seine Antwort nachreichen. Marion Wulff aus Herzfeld zum Beispiel schrieb: „Kirche in Herzfeld ist für mich das Wahrzeichen meines Dorfes, mein Lebensmittelpunkt und steht für gelebte Gemeinschaft und gibt mir Kraft, Trost und Hoffnung.“ Ihr Bruder Jörg schrieb: „Die Kirche ist ein Ort für mich, wie nach Hause kommen.“ Doreen Kelch: „Ich bin froh und dankbar für die Gemeinschaft mit vielen lieben, netten Menschen. Ich bin froh und dankbar, dass ich in dieser schönen Kirche getauft wurde und kirchlich heiraten durfte.“

"Bitte helfen Sie uns, dass wir ein Dach über dem Kopf haben“

Zehn Frauen und Männern aus dem Kirchengemeinderat ist von Herzen kommend ein Satz auf die Frage der Pastorin eingefallen. Die Konfirmanden des Jahrgangs 2014-16 fassten zusammen, warum Geld benötigt wird: „Wir feiern unsere Konfirmation im kommenden Jahr. Bitte helfen Sie uns, dass wir ein Dach über dem Kopf haben.“

Zu allen Autoren gibt es ein Foto, hübsch zusammengestellt wurde daraus eine „Bewerbungsmappe. Das letzte Foto zeigt eine strahlende Pastorin Alena Saubert im Talar und mit Blumenstrauß. Daneben steht: „Vieles und Wunderbares passiert in unserer Kirchengemeinde. Manches übersteigt unsere Kräfte. Darum bitten wir um Ihre Hilfe.“

Diese Bewerbungsmappe ließ die Kirchengemeinde 20 Mal drucken, verschickte die Hälfte – und es gab mehrere Zusagen. Von der ZEIT-Stiftung zum Beispiel über 10.000 Euro, eben soviel von der Marlis-Kressner- Stiftung. 5000 Euro sagte die Dornier- Stiftung zu.

150.000 Euro benötigt die Kirchengemeinde Herzfeld für die Sanierung ihres Kirchendaches. Ursprünglich waren nur 120.000 Euro geplant, aber seit den ersten Planungen sind zwei Jahre ins Land gezogen, die Schäden nahmen zu und die Preise zogen an. 61 000 Euro Patronatsmittel hat die Gemeinde bekommen und 5000 Euro von dem Verein Dorfkirchen in Not. Besonders freut sich die Pastorin, dass das Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt im Landkreis Ludwigslust-Parchim im Zuge der Flurneuordnung 34.000 Euro gab.

Die leisten hier was!

Neben der „Bewerbungsmappe“ stellte die Kirchengemeinde weiteres auf die Beine: Sie hatte im Juli zu einem Benefizkonzert eingeladen, zu dem die „Kirche voll wie zu Weihnachten war“, erzählt Alena Saubert. Sie ist seit sechs Jahren als Pastorin in der Kirchengemeinde mit den 515 Gemeindemitgliedern auf einer dreiviertel Stelle tätig. Der Herzfelder Kirchenchor, den Fritz Abs aus dem benachbarten Parchim leitet und zu dessen Proben er jede Woche kommt, singt vieles einstimmig, aber Kantor Abs „begleitet so, dass der Chor sich mehrstimmig anhört“, sagt Alena Saubert. Der Chor singe nicht nur Weihnachten und zu einigen besonderen Gottesdiensten wie Konfirmation, sondern auch zu Goldenen Hochzeiten oder anderen Festen in Familien. „Die rund 20 Mitglieder kommen aus allen Dörfern“, freut sich Alena Saubert. „Das Miteinander hier ist sehr besonders, das sieht man auch am Chor. Aber hier lebt man wirklich noch zusammen, zum Teil auch mehrere Generationen unter einem Dach, die auch Familienmitglieder pflegen. Die leisten hier was!“

Auch Kinder haben bei dem Benefizkonzert mitgemacht. Die 6 bis 13 Jahre alten Mädchen und Jungen spielten Flöte, Violine oder Klavier. Das Benefizkonzert wurde von vielen unterstützt. Das Forstamt und eine Familie aus der Gemeinde sponserten ein Wildschwein, das am Spieß gebraten und verkauft wurde. Kinder hatten Loch-Steine beklebt und das Stück für 10 Euro angeboten. „Kirchenbrot“, gebacken im Lehmofen, wurde verkauft. 3700 Euro kamen insgesamt an dem einen Tag zusammen. „Vierzig Minuten vor Beginn kam die Frau eines Landwirtes und gab mir 1000 Euro“, erzählt Pastorin Saubert.

Nach dem Benefizkonzert wurde die Kirche ausgeräumt. Stück für Stück, jeder nahm etwas mit heraus und brachte es ins Pfarrhaus. Das Dach ist zur Zeit offen. Das Holz des Dachstuhls muss erneuert werden, neue Dachziegel werden verlegt, alte werden denkmalpflegerisch aufgearbeitet. An der Fassade zeigen sich Risse, man hofft, dass die vom Dachstuhl ausgehen und nicht vom Fundament kommen. Das würde erneute Bauarbeiten bedeuten. Die Dachsanierung muss bis Ende Oktober abgeschlossen sein, weil dann die staatlichen Gelder ausgegeben sein müssen. Die Gottesdienste werden in diesem Sommer in den sehr schön sanierten Gemeinderäumen im Pfarrhaus gefeiert.

Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 34/2015