Mit dem neuen Vorstand der Ev. Schulstiftung Kai Gusek im Gespräch Die Lust am Schule gestalten

Pastor Kai Gusek hat für sein neues Büro in Schwerin auch sein Kreuz mitgebracht, das ihn sein bisheriges Berufsleben begleitet hat. Es ist aus Olivenholz aus Israel, darauf ist ein Kreuz, das ihm sein anglikanischer Ordinationsassistent schenkte.

Foto: M. Wulf-Nixdorf

07.09.2014 · Schwerin. Seit dem 1. Juli hat die Schulstiftung der Nordkirche einen theologisch- pädagogischen Vorstand, der auch Vorstandsvorsitzender ist: Pastor Kai Gusek. Damit ist die über einjährige Vakanzzeit nach Krankheit und Ausscheiden von Jörg Schultz endlich beendet. Wer ist Kai Gusek? Und was hat er vor? Marion Wulf-Nixdorf sprach zu Beginn des neuen Schuljahres mit ihm:

Warum brauchen wir evangelische Schulen?

Pluralität im Bildungswesen ist ein hoher Wert. Die freien Schulen haben z. B. eher die Chance, neue pädagogische Ideen umzusetzen und damit Impulse in die Gesellschaft zu geben. Und natürlich wollen wir Kinder auf ihrem Bildungsweg mit unserer christlichen Grundhaltung begleiten. Das, was uns als Christen trägt, davon zeugen wir in unserer Schularbeit.

Wie?

Durch die Inhalte. Ich kann Biologie unterrichten und von Darwin reden. Ich kann aber auch über Darwinismus reden und das Wunderbare in der sich entwickelnden Natur entdecken. Das geht in vielen Fächern – wenn ich im Deutschunterricht „Richard Löwenherz“ von Astrid Lindgren lese, dann kann ich aus christlicher Perspektive über den Tod und das Paradies mit den Kindern reden.

Was haben Sie in den ersten Wochen – es fingen ja schon nach zwei Wochen die Sommerferien an – im neuen Job gemacht?

Die 12 Mitarbeitenden, die im Schulmanagement in der Geschäftsstelle arbeiten, kennengelernt – es waren ja nicht alle die ganze Zeit im Urlaub, alle Schulen besucht, die in Trägerschaft der Schulstiftung sind, viel gelesen...

„Zentrale Schulverwaltung“ steht an der Eingangstür – Sie sprechen von Schulmanagement. Warum?

Schulverwaltung greift zu kurz, das betont nur einen Aspekt unserer Arbeit. Natürlich muss verwaltet werden, es müssen Gehälter gezahlt werden – aber das Eigentliche ist damit nicht getroffen: um Schule zu steuern, weiterzuentwickeln – da sind andere Bereiche gefordert. Wir müssen Prozesse anstoßen.

Und worin sehen Sie Ihre Aufgabe dabei als Vorstandsvorsitzender des Trägers dieser Schulen?

Ich muss gute evangelische Schule ermöglichen, mit anderen für gute Rahmenbedingungen sorgen. Das heißt, es muss einen Rahmen geben, in dem Schulleitungen und regionale Gremien agieren können. Dazu gehört auch die Finanzierbarkeit zu gewährleisten, das bildungspolitische Umfeld in Deutschland, speziell in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein mitzugestalten. Ich muss neue Entwicklungen in der Pädagogik verfolgen, einbringen und die Frage nach der Qualität unserer Schulen stellen. Es braucht auch Verlässlichkeit für unsere Lehrer, was ihre Stellen angeht, für die Schulleitungen Planungssicherheit über das Stundenbudget und vieles mehr.

Im übrigen unterstützen wir auch Schulen, die nicht in unserer Trägerschaft sind – das steht in unserer neuen Satzung vom 1. Januar 2014. Damit wurde der Stiftungszweck erweitert. Bisher waren wir nur Betreiber von Schulen. Zum Beispiel ist die Schule in Dettmannsdorf-Kölzow eine evangelische, der Träger ist aber ein Verein. Bei der Neugründung ihres Grundschulteils habe ich mich schon einbringen können.

Es kommt immer wieder der Vorwurf, Privatschulen und somit auch die evangelischen Schulen sind Schulen für Reiche – wegen des zu zahlenden Schulgeldes. Das ist sogar innerhalb der Schulen, die in Trägerschaft der Stiftung sind, unterschiedlich hoch. Warum?

Wir bekommen vom Land nur 85 Prozent unserer Personalkosten erstattet. Im Grundgesetz steht, es müsse von der öffentlichen Hand ein angemessener Beitrag für private Schulen gezahlt werden. Was ist angemessen? In MV sind das eben 85 Prozent. Von den Kommunen gibt es zusätzlich den Schullastenausgleich, denn die Gebäude müssen wir erhalten, bzw. bauen. Die Schulgebäude, die in kommunaler Trägerschaft sind, werden von Steuermitteln erhalten. Das ist nicht gerecht. Wir machen nichts Zusätzliches! Kinder, die bei uns sind, verursachen dem Staat an seinen Schulen ja keinen Aufwand – das ist also nur verlagert und für den Staat sogar günstiger! Grundsätzlich darf der Besuch einer evangelischen Schule nie am Schulgeld scheitern.

Welche Kosten müsste das Land Ihrer Meinung nach neben den 85 Prozent Personalkosten tragen?


Fortbildungskosten, Fortbildungsfreistellungskosten, die Altersversorgung, die Bezahlung von zusätzlichen Vertretungskräften bei Krankheitsfällen. Kosten für die innere Schulverwaltung, außerdem müsste dringend die Verwaltung vereinfacht werden.

Es gibt evangelische Schulen in MV mit langen Wartelisten, auf der anderen Seite aber auch sehr kleine Schulen im ländlichen Raum. Ab wann ist es verantwortbar von geschäftlicher Seite, eine evangelische Schule vorzuhalten?


MV ist ein Flächenland, wir haben viel dörfliche Siedlungsstruktur. Gute Schule braucht aber eine Mindestgröße – es sollten wenigstens zwei Klassen vorgehalten werden, wobei unser Ziel ist, 20 bis 22 Schüler in einer Klasse zu haben. Also: Schulen mit dauerhaft weniger Kindern als 40 werden es schwer haben. Wir haben auch Standorte mit über 400 Schülern, wie Stralsund und Neubrandenburg.

Bauinvestitionen müssen die Schulen selber tragen – woher kommt das Geld?

Über Kredite und den Schullastenausgleich. Fast alle Schulen haben Fördervereine, die die Arbeit vor Ort unterstützen. In Lübeck habe ich sehr gute Erfahrungen mit einem koordinierten und strategischen Fundraising gemacht. Hier müssen wir als Schulstiftung uns noch konzeptionell aufstellen.

Wo evangelisch drauf steht, sollte auch evangelisch drin sein. Wie sieht das bei Lehrern – nach 25 Jahren einheitlichem Deutschland – aus?


Nur 36 Prozent unserer Lehrer sind nicht Mitglied der Kirche. Wir laden Lehrer zu einer Fortbildungsreihe „Persönliches evangelisches Profil“ ein. Da geht es um das Nachdenken, wo sie in Glaubensdingen stehen.

Verdienen die Lehrer und Horterzieher an evangelischen Schulen genau soviel wie ihre Kollegen an staatlichen Schulen?

Wir haben ein Tarifsystem, das vergleichbar ist mit dem öffentlichen.

Wie hoch ist die Zahl der Eltern, die keiner Kirche angehören, ihre Kinder aber in eine evangelische Schule schicken?


Um die 40 Prozent.

Wie geht es nun weiter mit der Finanzierung der freien Schulen?


Wir kämpfen darum, dass wir wie die staatlichen Schulen finanziell gleichbehandelt werden. Das ist nach der gesetzlichen Privatschulverordnung nicht der Fall – auch nicht in der geplanten Änderung des Schulgesetzes, die Dienstag vor einer Woche verkündet wurde. Dort wird unsere Finanzierung auf das Schuljahr 2013/14 festgeschrieben. Wir bewegen uns aber auf 2015 zu, haben eine Tarifsteigerung zum 1. Januar 2015. Da muss nachgebessert werden!

Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 36/2014


Kai Gusek wurde 1966 in Heide/ Holstein geboren. Seine Mutter war Grundschullehrerin, sein Vater Bankkaufmann. Die ersten Jahre seines Lebens verbrachte er in einer kleinen Dorfschule: Zwei Klassenräume, neun Jahrgänge lernten zusammen. Nachdem solch kleine Schulen geschlossen wurden, besuchte er ein Gymnasium in Heide und durch private Familienkontakte die Royal High School in Edinburgh.

Gusek studierte von 1985 bis 1992 in Marburg, Jerusalem, Tübingen und Kiel Theologie. Während des Studiums, aber auch in der Wartezeit auf das Vikariat, sammelte er Erfahrungen mit der Reformpädagogik und führte mit einer eigenen kleinen Firma erlebnispädagogische (Segel-) Reisen durch. Sein Vikariat absolvierte er in zwei Landgemeinden in Dithmarschen, parallel dazu bot sich für ihn die Gelegenheit, an der zweijährigen Referendarsausbildung teilzunehmen. Einen Teil des Vikariats konnte er in der anglikanischen Kirche erfüllen.

Nach der Ordination zum Pastor arbeitete er noch bei der Bayer AG in Brunsbüttel im Personalbüro, bevor er in Braderup und Klixbüll in Nordfriesland 1996 seine erste Gemeinde übernahm. 2002 wurde er zum Geschäftsführer der Gemeindediakonie in Lübeck berufen. Zum 1. Juli 2014 wechselte er nach Schwerin. Pastor Gusek hat den Bereich Notfallseelsorge und Krisenintervention in Schleswig-Holstein entscheidend mit geprägt und übernimmt noch heute Schulungen auf Bundesebene und Einsätze im Ausland und für die Identifizierungskommission des Bundeskriminalamtes. Dafür wird er im Ernstfall von der Schulstiftung freigestellt.

Kai Gusek ist mit der Pastorin Gabriele Gusek in Niendorf an der Stecknitz, Kirchengemeinde Breitenfelde, verheiratet, lebt somit in der Mitte der Nordkirche. Das Ehepaar hat zwei erwachsene Kinder.