Hartmut Dobbe im Interview Investition im Sinne christlicher Maßstäbe - Pommersche Kirche legt Rücklagen bei Oikocredit an

Leiter des Pommerschen Kirchenkreisamtes Hartmut Dobbe

Foto: kirche-mv.de/D. Vogel

25.02.2017 · Greifswald. Der Kirchenkreisrat hat Ende letzten Jahres eine Aufstockung der Beteiligung des Pommerschen Evangelischen Kirchenkreises (PEK) bei der Genossenschaft Oikocredit beschlossen. Kirchenkreisamtsleiter Hartmut Dobbe informiert im Interview über diese Investitionsform, berichtet über die Anlagestrategie des PEK und regt auch ein privates Engagement bei Oikocredit an.

Herr Dobbe, was ist die Genossenschaft Oikocredit?

Hartmut Dobbe: Bei Oikocredit handelt es sich um eine international tätige Genossenschaft, deren Ziel es ist, benachteiligte Menschen oder Genossenschaften in Entwicklungsländern zum Beispiel durch die Vergabe von Mikrokrediten zu fördern und Wege aus der Armut zu ebnen. Um ihre Ziele zu erreichen, aktiviert die Genossenschaft Oikocredit weltweit kirchliches und privates Kapital zur Investition in Projekte der Hilfe zur Selbsthilfe. Bei Oikocredit angelegtes Geld wird seit den 1970er-Jahren mit jährlich zwei Prozent verzinst. Oikocredit bietet die Möglichkeit, mit einer Geldanlage weltweit eine nachhaltige, sozial gerechte Entwicklung zu fördern. Die Genossenschaft Oikocredit vergibt seit fast 40 Jahren Darlehen und Kapitalbeteiligungen an Partnerorganisationen in Entwicklungs- und Schwellenländern. Das Kapital stellen die Mitglieder der Genossenschaft zur Verfügung, das sind in Förderkreisen organisierte Privatpersonen, Institutionen wie Kirchen, Partnerorganisationen und andere.

Warum investiert der Pommersche Evangelische Kirchenkreis in Oikocredit?

Eine bessere Kapitalanlage im Sinne christlicher Maßstäbe gibt es kaum. Das Geld bleibt dauerhaft in den Entwicklungsländern, so dass die Menschen vor Ort profitieren und Werte entstehen. Gleichzeitig können wir mit der Anlage bei Oikocredit das kirchliche Kapitalvermögen gemäß der nordkirchlichen Vorgaben bewirtschaften. Dadurch, dass die Rücklagen aller 154 Kirchengemeinden und die Rücklagen des Kirchenkreises durch das Kirchenkreisamt zentral bewirtschaftet werden, ergibt sich insgesamt ein achtstelliger Betrag, der gemäß gesetzlicher Verpflichtung für schlechte Zeiten vorzuhalten sowie sicher und zugleich Ertrag bringend anzulegen ist. Diesbezüglich ist es wichtig, eine breite Streuung der aus Haushaltsmitteln stammenden Geldanlagen vorzunehmen. Andererseits beteiligen wir uns als Kirche nicht an jedem beliebigen Unternehmen oder an jeder beliebigen Organisation, sondern fühlen uns den Grundsätzen des nachhaltigen Investierens verpflichtet. Dies heißt, dass neben den klassischen Kriterien Rendite, Risiko und Liquidität auch darauf geachtet wird, was mit dem Geld geschieht. Grundsätzlich bedeutet nachhaltiges Investment, Gelder so anzulegen, dass die Investitionen die heutigen Bedürfnisse befriedigen, ohne die Ressourcen der kommenden Generationen zu gefährden. Eine Investition bei Oikocredit entspricht dem nicht nur, sondern setzt noch darüber hinaus einen weiteren Akzent: Statt eine Gefährdung der kommenden Generationen auszuschließen, wird aktiv daran gearbeitet, in Gegenwart wie in Zukunft dafür zu sorgen, dass Menschen in benachteiligten Ländern der Welt die Chance erhalten, von ihrer Hände Werk zu leben. Vor diesem Hintergrund ist durch den Kirchenkreisrat der Beschluss gefasst worden, den bisherigen Anteil an Oikocredit noch mal deutlich aufzustocken.

Was macht eine Investition bei Oikocredit für den Kirchenkreis besonders sinnvoll?

Neben den schon zuvor genannten Aspekten ist es so, dass man einerseits mit einer kontinuierlichen jährlichen Rendite in Höhe von zwei Prozent rechnen kann, andererseits wäre das investierte Geld im Notfall kurzfristig und ohne Kursrisiko wieder verfügbar. Und während in der Vergangenheit die zwei Prozent Rendite dagegen sprachen, ein maßgebliches Engagement in Oikocredit vorzunehmen, ist es gegenwärtig so, dass man derzeit auf dem freien Markt keine vergleichbare Rendite bekommen kann für kurzfristig realisierbare Anlagen bei dem geringen Ausfallrisiko. Allerdings nutzen wir Oikocredit nicht dafür, während der Zinsniedrigphase dort die Gelder zu parken, um dann bei steigenden Zinsen wieder auszusteigen – würde das im großen Stil von vielen Organisationen betrieben, käme Oikocredit vermutlich in Schwierigkeiten, das an Kleinstkreditnehmer weitergegebene Geld zu realisieren.

Auch privat sind Sie Mitglied eines Förderkreises - warum?

Das sind im Grunde dieselben Beweggründe, die ich anfangs beschrieben habe. Auch privat möchte ich mein Geld verantwortlich anlegen. Daher investiere ich überwiegend in nachhaltige Produkte. Ein Engagement in Oikocredit hilft hier doppelt: Zum einen ist es unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten zum Beispiel einer Anlage in einem nachhaltig gemanagten Aktienfonds vorzuziehen, weil es effektiver ist, direkt einen Beitrag zur Verbesserung der Welternährung und zur globalen Gerechtigkeit zu leisten, als Unternehmen zu unterstützen, die zwar ethisch, ökologisch und sozial besser agieren als die Konkurrenz, aber dennoch den Gesetzen des Marktes unterworfen sind und daher eine Kompromisslinie fahren müssen. Und zum anderen ist die Anlage in Oikocredit deutlich sicherer als die Anlage in einem Aktienfonds. Daher würde ich diese Form der Geldanlage privaten Kleinanlegern zumindest als Beimischung weiterempfehlen. Zu welchem Anteil, das muss jede oder jeder für sich entscheiden, auch vor dem Hintergrund der Marktsituation sowie der persönlichen Renditeerwartung. Wobei auch für Privatanleger gilt: Momentan wird man kaum eine Anlage finden, die eine Rendite von zwei Prozent bietet bei gleichzeitig sehr geringem Risiko und einer kurzfristigen Verfügbarkeit.

Wie haben Sie diese Anlageform entdeckt und wie können sich Interessierte weitergehend informieren?

Ein Greifswalder Mitglied des Förderkreises machte mich darauf aufmerksam. Die Förderkreise sind eingetragene Vereine. Wer investieren möchte, muss einen Mitgliedsbeitrag von 16 Euro im Jahr zahlen. Mir ist es ein persönliches Anliegen, dass diese unterstützenswerte Investitionsform weitergeht und diese wichtige Förderung weiterhin geschehen kann. Daher möchte ich Menschen hierüber informieren, weil viele noch nichts darüber wissen, und ein entsprechendes Investment auch über klassische Bankenprodukte hinausgeht. Kaum eine Bank wirbt dafür. Am besten ist es, sich an den örtlich zuständigen Förderkreis zu wenden oder an einem der regelmäßigen Treffen von Mitgliedern und Interessierten in Rostock teilzunehmen. Der nächste Termin ist Dienstag, 14. März, von 10 bis 12 Uhr in Rostock im Zentrum Kirchlicher Dienste an der Petrikirche. Es gibt jedes Mal einen allgemeinen Informationsaustausch. Außerdem wird über Neuigkeiten aus dem Förderkreis berichtet.

Quelle: PEK (sk/dav)