Seit fast 80 Jahren "Dat Späl von de Krüww" In Katzow wird immer das gleiche plattdeutsche Krippenspiel aufgeführt

Von Sybille Marx

24.12.2016 · Katzow. Immer in den geraden Jahren ist es so weit: Dann werden in Katzow (bei Greifswald) die Kostüme, Requisiten und Textbücher hervorgeholt und an Heiligabend wieder "Dat Späl von de Krüww" aufgeführt - wie schon seit 1938 - mit dem gleichen plattdeutschen Text.

Ein einziges Mal in den knapp 80 Jahren stand das Katzower Krippenspiel kurzfristig auf der Kippe: Vor vier Jahren hatten sich Schneewehen über die Straßen und Äcker Vorpommerns gelegt, es schneite und schneite, und Pastor Jim Brendel fuhr sich mit dem Auto fest. Drei Christvespern hatte er schon gehalten, nun wollte er zur letzten nach Katzow. "Vor mir mussten aber noch drei andere Autos mit dem Radlader befreit werden", erzählt er. "Ich dachte schon, zum Krippenspiel kommt keiner mehr."

Doch als Brendel, seit 1994 Pfarrer in der Gemeinde, die schwere Tür zur Katzower Dorfkirche St. Johannis aufdrückte, waren die Kirchenbänke noch immer dicht besetzt. "Das fand ich so beeindruckend, dass keiner gegangen war." Vielleicht lag es daran, dass der Kirchenbesuch in diesem idyllischen Ort einfach zu Weihnachten gehört.

Ein Mecklenburger habe das Stück 1931 in Kisserow (bei Malchow) geschrieben, steht auf Text-Kopien der Gemeinde. Über den Ministerialrat Hans Lachmund sei es ein paar Jahre später nach Katzow gelangt und von hier nicht mehr verschwunden. Ab 1966 setzte Katzow für zehn Jahre damit aus, 1976 führte Brendels Vorgänger die Tradition wieder ein. Dabei ist dieses Krippenspiel nichts Außergewöhnliches: Auf Plattdeutsch wird darin die Weihnachtsgeschichte aus dem Lukas-Evangelium nacherzählt.

"Es muss nicht immer alles neu sein"

Die Frage, ob man nicht auch mal ein anderes Krippenspiel wählen könnte, stellt sich hier trotzdem keiner, im Gegenteil. "Es muss nicht immer alles neu sein", sagt Jim Brendel. "So vieles in unserer heutigen Zeit stirbt, da muss diese Tradition nicht auch noch sterben!"

Das Altbewährte hat auch ganz praktische Vorteile: Die Kostüme, die vor etwa 50 Jahren genäht wurden, können die Spieler jedes Jahr einfach wieder aus den Kisten ziehen. Die Requisiten, darunter eine schwenkbare Weihrauchschale, sind über die Jahrzehnte die gleichen geblieben. Nur die Stöcke der Hirten mussten schon öfter ausgetauscht werden. "Da ist irgendwann immer der Wurm drin", erzählt einer aus der Gruppe.

Und die Schauspieler? Wenn einer seinen Part nicht mehr spielen kann, sorgt er für einen Nachfolger, ansonsten behalten alle ihre Rollen, erklärt Jim Brendel. "Manche Eltern haben ihre Rolle so schon den Kindern vererbt." Bürgermeister Norbert Labahn kam vor 52 Jahren als spontane Vertretung zu seinem Auftritt. Der Schäfer war kurz vor Weihnachten krank geworden. "Da hieß es, du kannst doch auch Platt", erinnert sich Labahn, der damals 14 Jahre alt war. Und schon hatte er die Rolle am Leib, musste den Text lernen und an Heiligabend auftreten. "Das war da noch nicht so doll", sagt er lachend. "Aber der Schäfer stand."

Auf ihr Durchhaltevermögen sind sie stolz in Katzow. Aber auch darauf, dass Leute aus dem Lubminer Volkschor jedes Jahr anreisen, um bei den Chorälen den Gesang der Schauspieler zu verstärken. "Wir machen das alles mit hohem Anspruch", betont Pastor Brendel. "Und von Jahr zu Jahr werden wir besser."

Quelle: epd