Abschlusskonzert des Rostocker Choralchors Singwanderung - Im Zeichen von Versöhnung

Marion Wulf-Nixdorf

Letzte Ansagen von Kantor Markus Johannes Langer vor dem Einzug in die Kirche. Der Choralchor der St.-Johannis-Kantorei Rostock musizierte an sechs Abenden in mecklenburgischen Kirchen.

Marion Wulf-Nixdorf

26.07.2015 · Camin. Die Bitte um Frieden steht im Zentrum der Konzerte der Singwanderung in diesem Jahr. Sie ist geprägt durch die Erinnerung an das Ende des Zweiten Weltkrieges vor 70 Jahren.

Wenn 78 Jugendliche nach einem anstrengenden Wandertag am Abend noch ein einstündiges Konzert geben, dann ist das schon eine besondere Anerkennung wert: Nach ihrem zweiten Konzert der diesjährigen Singwanderung bekam der Choralchor der Rostocker St.-Johannis-Kantorei nicht nur rauschenden Beifall der 120 Zuhörer in der Caminer Kirche: Ortspastor Tim Anders schenkte jedem Mitwirkenden zudem einen Ansteck-Engel.

Nach Stationen in Gresse, Camin, Wittenburg, Hagenow und Lübtheen waren die jungen Choristen am Freitag, 24. Juli, zum Abschluss ihrer insgesamt 135 Kilometer langen Wanderung um 19.30 Uhr in der Kirche zu Alt Jabel zu hören.

Dieses Jahr gehören unter dem Thema „Da pacem Domine“ – „Gib Frieden, Herr“ unter anderem Melchior Franck, Arvo Pärt, Hugo Distler und Felix Mendelssohn-Bartholdy mit ihren Vertonungen der Bitte um Gottes Frieden zum Programm.

135 Kilometer zu Fuß durch Mecklenburg

Erstmals hat Kantor Markus Johannes Langer eine Bachkantate ins Programm einer Singwanderung genommen: „Aus der Tiefe rufe ich, Herr“, wunderbar musiziert von Chor, „choreigenen“ und ehemaligen Solisten sowie Instrumentalisten. Von der im vergangenen Jahr verstorbenen mecklenburgischen Kirchenmusikerin Susanne Lemcke ist die Komposition „Herr, bleibe bei uns“ zu hören. Ein Mal während der einstündigen Konzerte dürfen sich die Sänger zu ihrer großen Freude setzen: Da ist Kammermusik zu hören – jeden Abend eine andere.

Zur Freude aller, die die Chorwanderungen immer wieder als Zuhörer begleiten, egal in welcher Ecke Mecklenburgs sie stattfinden, wird „Der Mond ist aufgegangen“ gemeinsam mit dem Publikum gesungen. So hatte bereits Hartwig Eschenburg eingeführt, der Vorgänger des heutigen Kantors und „Erfi nder“ der Singwanderungen.

Am Sonnabend vor einer Woche war es bei gutem Wanderwetter losgegangen: Am ersten Tag mit zwei Reisebussen nach Neu Gülze, eine gute Fahrstunde von Rostock entfernt. Von dort wanderten die Jugendlichen zwischen 14 und 18 mit ihren zehn Helfern und Kantor Langer 16 Kilometer nach Gresse. Dorthin hatte ein Transporter bereits das Gepäck samt Noten und Instrumenten gebracht.

Bei dem Konzert am Abend hätten es ein paar Besucher mehr sein können, meinte ein Sänger Aber schon am zweiten Abend trafen sie in Camin auf eine mit 120 Zuhörern gut gefüllte Kirche.

Dieser zweite Tag – 23 Kilometer – war hart: 80 Prozent Regen, zum Teil durch Dickicht. Wenn dann die Schuhe so richtig durchnässt sind, es auch noch kalt wird, mache es keinen Spaß mehr, sagt Langer, der seit 2000 die Singwanderungen leitet. Aber es gibt keine Alternative. Jeden Abend ist um 19.30 Uhr unumstößlich Konzertbeginn. In Camin wurden die Jugendlichen mit ihren dreckigen Schuhen und total durchnässt besonders freundlich von der Kirchengemeinde mit Kuchen und Getränken empfangen. Quartier bezogen sie im inzwischen verkauft en Pfarrhaus. Der neue Besitzer, Henning Plengemeyer, hatte alle 78 zum Schlafen eingeladen. „Sonst schlafen wir in Turnhallen, aber auch in Gemeinderäumen oder Kirchen“, sagt Langer. Jeweils im September plane er die Route für das folgende Jahr. Im Februar besuche er jede Gemeinde, gucke sich die Quartiere an, bespreche das Abendessen, das jeweils in den Gemeinden von dortigen Helfern vorbereitet werde. Um Pfingsten fahren Helfer die Strecke mit dem Rad und Tachometer ab. Alles muss bis ins Kleinste stimmen.

Das jeweils letzte Konzert ist das emotionalste: Da verabschieden sich die Abiturienten.

Der Choralchor ist mit dem Singwanderungsprogramm im Oktober nach Danzig eingeladen.

Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 30/2015