Entwicklungspolitik IfW: Jeder vierte Euro Entwicklungshilfe bleibt hier

27.08.2019 · Kiel.

Mehr als 25 Prozent der geleisteten Entwicklungshilfe werden nach Untersuchungen des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) nicht in den Entwicklungsländern eingesetzt. Die Erhöhung der Entwicklungshilfe in den vergangenen Jahren sei zudem vor allem auf höhere Ausgaben für Flüchtlinge in den Geberländern selbst zurückzuführen, heißt es in der neuen Studie des "Medam"-Projekts (Mercator Dialogue on Asylum and Migration), die am Montag in Kiel veröffentlicht wurde. Diese Ergebnisse stünden im Widerspruch zu Aussagen der Politik, die höhere Entwicklungshilfe solle die irreguläre Migration nach Europa eindämmen.

In der öffentlichen Debatte werde nicht immer deutlich, was Entwicklungshilfe eigentlich beinhaltet, kritisierte der IfW-Wirtschaftswissenschaftler Rainer Thiele. "Sie ist nicht immer gleichbedeutend mit direkter Hilfe für die Entwicklungsländer und die Menschen dort." In den seltensten Fällen seien es Geldbeträge, die direkt vom Spender an den Empfänger gehen. Dies erwecke in der Öffentlichkeit den Eindruck, dass den armen Ländern hohe Summen zur Verbesserung der Lebensbedingungen zur Verfügung stehen. "Bei den Bürgern werden Erwartungen geschürt, die diese Art der Entwicklungshilfe überhaupt nicht erfüllen kann."

Genauer untersucht haben Thiele und sein Kollege Mauro Lanati vom Europäischen Hochschulinstitut in Fiesole (bei Florenz) die Kosten für Flüchtlinge in den Geberländern. Die Studie zeige, dass der Anstieg der Entwicklungshilfe seit 2015 vor allem auf Ausgaben für Flüchtlinge in den Geberländern zurückzuführen sei. Solche Ausgaben dienten zwar wichtigen Zwecken wie einer menschenwürdigen Versorgung von Asylsuchenden. Sie seien aber etwas völlig anderes als der Transfer von Ressourcen an Entwicklungsländer, um dort die Lebensbedingungen zu verbessern.

Thiele und Lanati haben im Rahmen des Medam-Projekts die Entwicklungshilfeausgaben der reichen Länder analysiert. Grundlage sind die Daten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) für 29 Geberländer und 125 Empfängerländer.

Quelle: epd