Trägerverein hat genug Spenden zum Ersteigern der "Poseidon" Gute Chancen für ein kirchliches Flüchtlingsschiff

Von Thomas Morell

16.01.2020 · Kiel. Ihren Dienst für Ozeanforschung hat die "Poseidon" beendet. Gut möglich ist, dass das Kieler Schiff schon im Frühling Flüchtlinge im Mittelmeer rettet. Doch selbst wenn die Ersteigerung nicht klappt, hat die evangelische Kirche Alternativen.

Das Bündnis "United4Rescue" der evangelischen Kirche und anderer Organisationen hat die erste Hürde für ihr geplantes Seenotrettungsschiff genommen. Es seien bereits jetzt genug Spenden gesammelt worden, um bei der Ersteigerung eines Schiffes zur Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer mitbieten zu können, teilte das Bündnis am Donnerstag in Kiel mit. Eine Delegation hatte am Donnerstag das Kieler Forschungsschiff "Poseidon" als mögliches Rettungsschiff besichtigt. Es soll Ende Januar in einem Gebotsverfahren verkauft werden.

Das Rettungsschiff soll unter deutscher Flagge Flüchtlinge im Mittelmeer vor dem Ertrinken retten. Als eines der Favoriten gilt die "Poseidon", die bislang für das Geomar Helmholtz Zentrum für Ozeanforschung im Einsatz war. Das Schiff hat einen Schätzwert von rund einer Million Euro. Welche Summe das Bündnis bei den Geboten zahlen würde, ist nicht bekannt.  

Das Schiff sei zuverlässig und in einem "hervorragenden Zustand", sagte Michael Schwickart nach dem Rundgang. Er war an mehreren Hilfsaktionen von "Seawatch" im Mittelmeer beteiligt. Die "Poseidon" habe zudem viel Platz und könne mehrere hundert Flüchtlinge aufnehmen. Nach einigen Umbauten könnte es sich Anfang April in Richtung Mittelmeer aufmachen.

Ob das Bündnis aber den Zuschlag erhält, ist noch ungewiss. Vier weitere Schiffe hat "United4Rescue" darüber hinaus ausgesucht. Sie liegen in europäischen Häfen zwischen Norwegen und Italien. Zum Teil seien sie von Experten auch schon begutachtet worden, sagte ein Schiffsexperte des Bündnisses. Die Schätzwerte lägen zum Teil unter und zum Teil über dem der "Poseidon". "United4Rescue" geht davon aus, dass es in drei Monaten ein geeignetes Rettungsschiff besitzen wird.

"Ein Bekenntnis zur Mitmenschlichkeit"

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, hatte Anfang Dezember das Hilfsprojekt in Hamburg vorgestellt. Es sei "ein Bekenntnis zur Mitmenschlichkeit", sagte der Landesbischof. Die Kirche dürfe nicht nur reden, sondern müsse auch handeln. Der EKD-Beschluss geht auf eine Initiative des Deutschen evangelischen Kirchentages im Juni 2019 zurück.

Menschen in Seenot vor dem Ertrinken zu retten, sei eine Frage von Menschlichkeit, sagte EKD-Oberkirchenrat Thies Gundlach, Vorsitzender des Trägervereins, nach der Besichtigung. Die Kirche habe in den vergangen Wochen viel Unterstützung "aus der Mitte der Gesellschaft" erfahren. Sie sei sich bewusst, dass mit dem Rettungsschiff nicht alle Problem der Migration gelöst würden. Es sei auch durchaus möglich, so Gundlach, dass gerettete Flüchtlinge nach einem Asylverfahren in ihr Heimatland zurückgeschickt würden.

"United4Rescue" hat derzeit rund 150 Mitglieder. Darunter sind neben der EKD Organisationen wie die AWO, Diakonische Werke und Landeskirchen sowie einzelne Kirchengemeinden und Privatpersonen wie Wim Wenders. Mehr als 2.500 Menschen und Organisationen haben bereits für das Projekt gespendet.

Quelle: epd