Umstrittener Wittenberger Theologe fordert radikale Umkehr: "Gottvertrauen anstelle von Selbstoptimierung"

Der Wittenberger Theologieprofessor Martin Luther (hier als Playmobil-Version) kritisiert die "aktuelle Kultur der Selbstoptimierung".

Foto: PEK/S. Kühl

Der Wittenberger Theologieprofessor Martin Luther (hier als Playmobil-Version) kritisiert die "aktuelle Kultur der Selbstoptimierung".

Foto: PEK/S. Kühl

31.10.2020 · Wittenberg.

Zur radikalen Umkehr aufgerufen hat heute Vormittag der Wittenberger Theologieprofessor Martin Luther. „Tut Buße, ein Leben lang!“, postet er auf Twitter. Der 34-Jährige kritisiert immer wieder die „aktuelle Kultur der Selbstoptimierung“ und deren „Heilsprediger“, die nur darauf aus seien, dass „die Münze klingelnd in den Kasten fällt“. Der altertümliche Sprachstil ist Markenzeichen des Wittenberger Twitterers.
 
Die jüngsten Äußerungen des 34-Jährigen sind bei einigen Kirchenleuten und Politikerinnen auf Unverständnis und zum Teil massive Kritik gestoßen. Luthers Äußerungen seien blanker Populismus und sollten die Gesellschaft spalten, so ein Vorwurf. „Ich poste hier, ich kann nicht anders“, so die ungerührte Antwort des jungen Professors. Ihm sei klar, dass seine Thesen für eine Konsumgesellschaft nicht besonders attraktiv seien, erklärt der ehemalige Mönch in seinem wöchentlichen Podcast. Und fährt fort mit Seitenhieben auf die „Selfie-Gesellschaft“ und „Wellness-Industrie“, die er als eine Art „modernen Ablasshandel“ bezeichnet.
 
Luther wörtlich: „Es irren daher diejenigen, die sagen, dass ein Mensch durch gesunde Lebensweise oder eine glänzende Karriere gelöst und errettet wird“. Das Enfant terrible der deutschen Theologenszene vertritt die These: „Unausweichlich werden die meisten Menschen betrogen durch jene unterschiedslose und großspurige Zusage gelingenden Lebens.“ Aus seiner seelsorgerlichen Erfahrung heraus kritisiert er die Skrupellosigkeit auch in der therapeutischen Szene, mit den Ängsten der Menschen Geld zu machen.
 
Mit dem bewusst altmodischen Wort „Buße“ meint er einen innerlichen Perspektivwechsel: Anstatt sich abzustrampeln und seinen Wert über Likes zu definieren, solle man jeden Tag aufs Neue sein Leben in Gottes Hand legen. Eine „Riesenerleichterung“ sei diese Erkenntnis für ihn gewesen, so Luther, der seine Depressionen immer mal wieder zum Thema in seinen Podcasts gemacht hat. Und schlägt dann wieder ganz sanfte Töne an, wenn er von der „Gnade Gottes“ spricht: Diese „gratia“ sei absolut gratis, versichert der Professor. Und gerät ins Schwärmen: „einen gnädigen Gott haben, der da Gutes tut, dass wir im Schoß der Barmherzigkeit seien und Vertrauen haben auf die gewissen Verheißungen, die uns durch seine Gnade geschenkt sind.“

Rückfragen:
Johannes Bugenhagen in der Bischofskanzlei Greifswald

Quelle: Bischofskanzlei Greifswald (ak)