"Fragwürdiges Konzept" Gedenkwege auf Todesmarsch-Strecken stoßen auf Kritik aus der Nordkirche

Skulpturen von Stuart Wolfe auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Ravensbrück.

© epd-bild/M. Priske

25.03.2015 · Hamburg/Schwerin. Die auch in Norddeutschland geplanten Gedenk- und Versöhnungsmärsche auf Strecken ehemaliger Todesmärsche von KZ-Häftlingen vor 70 Jahren stoßen auf Kritik aus der Nordkirche.

Die Beauftragte für Christlich-Jüdischen Dialog der Nordkirche, Pastorin Hanna Lehming, rate Gemeinden davon ab, sich an der Initiative "Marsch des Lebens" zu beteiligen. Die vor allem von evangelikal-charismatischen Kreisen getragene Bewegung organisiert den Angaben zufolge derzeit auch in Norddeutschland Gedenkwege, auf denen Beteiligte die Strecke ehemaliger Todesmärsche nachgehen sollen.

"Auch aus meiner Sicht steht hinter der Initiative ein fragwürdiges Konzept", sagte Pastor Hanno Billerbeck, der für die kirchliche Gedenkstättenarbeit an der KZ-Gedenkstätte Neuengamme zuständig ist. Das Konzept des "Marsches des Lebens" gehe auf die neucharismatische evangelikale Freikirche "Tübinger Offensive Stadtmission" und ihren Gründer Jobst Bittner zurück. Sein Buch "Die Decke des Schweigens" gebe Aufschluss über seine geistlichen Grundlagen, von denen sich bereits andere Landeskirchen deutlich distanziert hätten, sagte Pastorin Lehming. In einer Stellungnahme der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau heiße es: "Durch den Marsch des Lebens, so die dahinter stehende Vorstellung, sollen die durchwanderten Gebiete von (...) dämonischen Mächten befreit, die Orte wie auch die Menschen von dämonischer Belastung gereinigt und Gemeindewachstum erreicht werden."

Das Anliegen der Gedenkwege erscheine zunächst wichtig und unterstützenswert, betonten Billerbeck und Lehming. Allerdings würden diese Routen von der Initiative "Marsch des Lebens" benutzt, um Sympathien einzuwerben für ein Weltbild, das sich gründe auf einem "Himmel-und-Hölle-Schema", dem Glauben an Geister und Dämonen sowie einem theologisch fragwürdigen Konzept von Buße und Versöhnung.

Nach Recherchen Lehmings und Billerbecks organisieren bislang im Bereich der Nordkirche folgende Gruppen einen "Marsch des Lebens": die "Christlichen Israelfreude e.V" von Hamburg-Fuhlsbüttel nach Kiel, der "Arbeitskreis Marsch des Lebens Lübeck-Ostholstein" von Lübeck nach Neustadt in Holstein, und ein Kreis um "Beth Emmaus" von Ravensbrück nach Raben-Steinfeld (Mecklenburg).

Quelle: epd