Diakonie und Kirche provozieren zur Auseinandersetzung mit dem Thema „Flucht“ Flüchtlingsboot und Kirchenschiff

Lampedusa am Alten Strom: Vom 4. bis 10. Juli geht die MS Anton mit siebzig Flüchtlingen am Warnemünder Leuchtturm vor Anker – als provozierendes Kunstprojekt inmitten einer Feiermeile.

Foto: Keld Preuthun

05.07.2015 · Warnemünde. Die „Warnemünder Woche“ vom 4. bis 12. Juli ist eines der großen maritimen Volksfeste in MV. Mit siebzig lebensgroßen Bronzeskulpturen des dänischen Künstlers Jens Galschiøt auf einem Kutter am Alten Strom wollen Diakonie und Kirche die Besucher mit der Situation von Flüchtlingen konfrontieren.

Mancher Besucher des Kirchentages 2013 in Hamburg erinnert sich noch an das eindrückliche Kunstprojekt, das damals in der Hamburger Hafencity angelegt hatte. Nun wollen mit Hilfe des dänischen Fischkutters MS Anton und der darauf installierten Flüchtlingsskulpturen auch in Mecklenburg-Vorpommern Diakonie und Kirche mit den Besuchern der Warnemünder Woche zum aktuellen und brisanten Thema Flucht und Vertreibung ins Gespräch kommen.

„Auch wir hier in Europa und Deutschland beschneiden durch unsere Wirtschafts- und Fischereipolitik die Lebenschancen von Menschen in Afrika und treiben damit Menschen zur Flucht“, sagt Tatjana Stein, Fachbereichsleiterin für Ökumenische Diakonie und Migration beim Diakonischen Werk MV. „Darum“, so Diakonie-Landespastor Martin Scriba, „wollen wir Menschen sensibilisieren, sich genauer mit den Problemen von Flüchtenden auseinanderzusetzen und der weit verbreiteten Meinung entgegenwirken, dass sie nur eine Belastung unseres Sozialsystems seien“.

Die siebzig Bronzefiguren in Lebensgröße sind während der Warnemünder Woche täglich von 14 bis 20 Uhr am Liegeplatz der MS Anton am Alten Strom in Höhe des Leuchtturms zu betrachten und sollen für Gesprächsstoff sorgen. Interessenten können sich über die Handels-, Flüchtlings- und Entwicklungspolitik informieren und ins Gespräch kommen. Geplant sind Informationsveranstaltungen zum Thema Flucht und Fluchtursachen mit Fachreferenten und Kurzfilme zum Thema Flucht und Entwicklung.

Abschluss mit Umzug vom Schiff zur Kirche

Den Abschluss bildet der nächste Rostocker Internationale Gottesdienst (InGo) am Freitag, 10. Juli. Er startet um 18 Uhr unter dem Motto „Walking on the sea“ auf der MS Anton. „Nach dem Auftakt zum InGo auf dem Schiff wollen wir mit der Gemeinde in die Warnemünder Kirche ziehen. Mit Musik und Trommeln werden wir dort gegen 18.20 Uhr ankommen“, blickt Stefanie Schulten voraus. Die Pastorin der Evangelischen Studierendengemeinde (ESG) in Rostock hat den Abend erneut gemeinsam mit Studenten und Ökumenepastor Jens-Peter Drewes vom Kirchenkreis Mecklenburg vorbereitet. Wie immer werde der Gottesdienst in verschiedenen Sprachen gestaltet. „Im Anschluss“, so Pastorin Schulten, „laden wir herzlich zu einem interkulturellen Buffet ein“.

Der Untertitel des Gottesdienstes „Vom Flüchtlingsboot ins Kirchenschiff “ bezieht sich auf die Geschichte vom Sinkenden Petrus im Matthäus- Evangelium, Kapitel 14. „Die Geschichte zeigt uns, dass man auch, wenn man das Flüchtlingsboot verlassen hat, immer noch untergehen kann. Denn wer meint, vermeintlich am Ziel und in Sicherheit zu sein, trifft oft auf neue Herausforderungen“, so Pastor Drewes. Aktuell gesprochen: Nicht nur Flüchtlinge drohen unterzugehen, auch zahlreiche Helfer sind überfordert und verlieren den Boden unter den Füßen.

Drewes: „Die traurigen und herausfordernden Situationen wollen wir thematisieren. Aber zugleich etwas von der Freude darüber erfahren, dass wir jetzt gemeinsam in einem Boot, eben im Kirchenschiff, sitzen und uns gegenseitig mit dem, was wir mitbringen, ergänzen und bereichern können.“ Das Gesamtprojekt ist eine Kooperation von Diakonie MV, Brot für die Welt, Kirchenkreis Mecklenburg, Zentrum für Mission und Ökumene der Nordkirche, Evangelischer Studierendengemeinde und Kirchlichem Entwicklungsdienst.

Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 27/2015