Nordkirche ist "Urlaubskirche Nummer 1“ Fachkongress „Kirche und Tourismus“ beleuchtet aktuelle Herausforderungen

Von Thomas Morell und Tilman Baier

So präsentiert sich die Urlaubskirche am Nordseestrand von St. Peter-Ording. Solche Angebote bescheren Kindern qualifizierte Unterhaltung und ruhesuchenden Eltern eine Auszeit.

Foto: Klaus-Uwe Nommensen

19.02.2017 · Hamburg/Wismar. Die Nordkirche bleibt Deutschlands „Urlaubskirche Nummer 1“. Immerhin 13 Prozent der Deutschen verbrachten ihren Haupturlaub zwischen Usedom und Helgoland. Auf Rang zwei folgt die bayerische Landeskirche mit 6,4 Prozent. Was dies für die Nordkirche bedeutet, wird auf dem Fachkongress „Kirche und Tourismus im Norden“ bedacht werden, der dieses Jahr am 21. und 22. März in Wismar stattfindet.

Für Ulrich Schmidt, Tourismus-Experte im Gemeindedienst der Nordkirche, sind Urlauber ein Pfund, mit dem die Kirchengemeinden an den Küsten, aber auch an den Holsteiner und Mecklenburger Seen richtig wuchern können. Mehr als 17 Millionen Menschen verbringen jedes Jahr ihren Urlaub in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein.

Zudem profitieren diese Bundesländer, auf deren Gebiet sich die Nordkirche im Wesentlichen erstreckt, in besonderer Weise vom Trend zum Urlaub im eigenen Land: 34,2 Prozent aller deutschen Urlauber verbrachten den Haupturlaub 2016 hier, sechs Prozent mehr als 2015. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Befragung, die Ulrich Reinhardt, Wissenschaftlicher Leiter der BAT-Stiftung für Zukunftsfragen, während der Hamburger Messe „Reisen“ vorstellte. Für die Studie hatte das Meinungsforschungsinstitut GfK im Auftrag der Stiftung mehr als 4000 Personen ab 14 Jahre in persönlichen Interviews befragt.

Die Nordkirche ist laut dieser Umfrage die „Urlaubskirche Nummer 1“, noch vor der bayerischen Landeskirche auf Rang zwei. Immerhin 13 Prozent der Deutschen verbringen ihren Haupturlaub zwischen Usedom und Helgoland, in Bayern 6,4 Prozent. Da sei es sinnvoll, so Ulrich Schmidt, dass sich die Nordkirche nun auch erstmals auf dieser Reisemesse mit ihren besonderen Angeboten für Touristen vorstellte. Präsentiert wurden die Pilgerarbeit, Urlaube in Evangelischen Häusern im Norden, Frauenreisen und Aktivitäten des Arbeitsfeldes Kirche und Tourismus.

Interessant sind für die Planung kirchlicher Aktivitäten im Tourismusbereich auch die regionalen Zahlen: Innerhalb der vergangenen zehn Jahre habe Mecklenburg- Vorpommern, so Ulrich Reinhard bei der Vorstellung der Befragung, deutlich aufgeholt. So lag das nordöstliche Bundesland 2016 mit einem Anteil von 6,9 Prozent aller deutschen Urlauber gleichauf an der Spitze mit Bayern. Derzeit gebe es Zuwächse vor allem im Binnenland wie an der Mecklenburgischen Seenplatte.

Ruhesuche in Deutschland als Trend

Der Nordosten könne sich auf seine Stammkundschaft in Ostdeutschland verlassen, so Ulrich Reinhardt, auch wenn er gegenüber dem Vorjahr um zwölf Prozent abgesackt ist. Schleswig- Holstein konnte dagegen mit einer verbesserten Infrastruktur und einem guten Preis-Leistungs- Verhältnis punkten: 6,1 Prozent aller Reisenden verbrachten dort ihren Haupturlaub, ein Plus von 20 Prozent.

Laut Reinhardt zeigt sich im Tourismus deutlich die soziale Spaltung in Deutschland – ebenfalls wichtig für die Überlegungen, welche Angebote die Nordkirche und ihre Urlaubsgemeinden planen: Unter den Geringverdienern mit einem Haushaltsnetto unter 1500 Euro verreiste nur jeder Dritte (32 Prozent), im Jahr zuvor waren es noch 46 Prozent. Bei den Besserverdienenden über 3500 Euro Haushaltsnetto verreisten dagegen 81 Prozent, plus vier Prozent gegenüber 2015. Deutschlandurlaube nahmen bei Geringverdienern leicht zu, bei den Besserverdienenden dagegen leicht ab. Für einen Urlaubstag gaben Besserverdienende im Schnitt 108 Euro, Geringverdiener 73 Euro aus. Und während Männer sich ihren Haupturlaub 2016 im Durchschnitt 1218 Euro kosten ließen, gaben Frauen dafür 102 Euro weniger aus. Damit ist der Abstand zwischen Frauen und Männern im Vergleich zum Vorjahr noch einmal um 52 Euro gewachsen. Interessant ist auch, dass im vergangenen Jahr erstmals Ostdeutsche mehr Geld für ihren Urlaub ausgaben als Westdeutsche.

Das sind Zahlen, die die Verantwortlichen für die Urlauberseelsorge in der Nordkirche aufmerksam zur Kenntnis nehmen – ebenso wie den Trend, dass Deutschland-Urlauber zunehmend Angebote suchen, die zur Besinnung einladen. Der Fachkongress „Kirche und Tourismus im Norden“ steht darum in diesem Jahr unter dem Motto „Auf der Suche nach dem Sinn. Die Kirchen in Norddeutschland als anderer Raum“.

Dabei, so der Kirchentouristiker und Diplomtheologe Ulrich Schmidt, wird es unter anderem darum gehen, wie Kirche ein Anbieter von Stille sein kann. Neben besonderen spirituellen Angeboten sind es vor allem die Kirchengebäude selbst, die einen Gegenraum zum Alltäglichen bieten, „ambivalent verstörend und vertraut zugleich“. Ein weiterer Themenschwerpunkt der Tagung am 21. und 22. März in Wismar werden die Veranstaltungen zum Reformationsgedenken im Bereich der Nordkirche sein.

Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 07/2017