Von der Jungsteinzeit bis zur Gegenwart Ein historischer Festumzug zum 775-jährigen Jubiläum von Penkun reichte weit in die Vergangenheit

Gabriele A. Prodöhl

Rund 500 Penkuner zogen durch die Stadt und erinnerten verkleidet an höchst verschiedene Epochen.

Gabriele A. Prodöhl

05.08.2015 · Penkun. Penkun, die kleinste Stadt Mecklenburg-Vorpommerns, feierte eine Woche lang ihr 775-Jähriges. Öffentliche Gelder gab’s dafür nicht. Doch der Tourismusverein und die Kirchengemeinde legten sich ins Zeug.

Wer in diesen Tagen durch Penkun fährt, kann nur noch ahnen, welche Feierlichkeiten es hier im Juli gab. Die kleinste Stadt Mecklenburg-Vorpommerns, umgeben von sieben Seen, feierte eine Woche lang ihr 775-jähriges Jubiläum. Rund 1080 Menschen leben heute hier. Die Stadtkirche war im Jahr 1261 erstmals erwähnt worden; Herzog Barnim I. verlieh das Patronat der Kirche damals dem gerade neugegründeten Domkapitel von St. Peter, später Marien, in Stettin.

Bei brütenden Temperaturen um die 34 Grad predigte Bischof Hans-Jürgen Abromeit in einem Open-Air- Gottesdienst auf dem Penkuner Kirchplatz und eröffnete damit die Festwoche. In Pavillons und unter freiem Himmel saßen die Zuhörer. Dazu passte der Predigttext aus dem Lukas-Evangelium, in dem von den Fischern die Rede ist, die es auf Jesu Wort hin noch einmal mit dem Fang versuchten. So wie das Leben der Fischer von Einfachheit und der täglichen Arbeit geprägt war, so sei es auch stets in der Penkuner Gegend gewesen, sagte Abromeit.

Die Organisation der Festwoche stellte alle Beteiligten vor große Herausforderungen, denn auf öffentliche Gelder konnte nicht zurückgegriffen werden. Der Tourismusverein der Stadt und das evangelische Pfarramt Penkun übernahmen daher die Organisation. „Ein so wichtiges Ereignis nicht entsprechend zu würdigen, nur weil das Geld fehlt, kam für uns nicht in Frage“, erklärte Bürgermeister und Vorsitzender des Tourismusvereins, Bernd Netzel, in seiner Eröffnungsrede nach dem Gottesdienst.

Die Stadtkirche wurde 1858 neu gebaut

Der Höhepunkt der Festwoche war sicherlich ein historischer Festumzug mit rund 500 Beteiligten, der bei der Jungsteinzeit vor 5000 Jahren einsetzte. Bei allerbestem Sommerwetter bewegte sich der fast zwei Kilometer lange Zug durch die Kleinstadt. Über die ersten Pommernfürsten und die deutschen Siedler, die Christianisierung durch Bischof Otto von Bamberg bis in die heutigen Tage war jede bedeutende Epoche würdig vertreten, auch die Reformationszeit und der Neubau der Penkuner Stadtkirche im Jahr 1858.

Während der Festtage wurde auch eine Ausstellung mit Fundstücken eröffnet, die bei Grabungen im Jahr 2013 entdeckt wurden und auf die Zeit 5000 Jahre vor der Zeitrechnung datiert werden können. Noch bis Ende August kann man sie im Gebäude der Tourismusinformation auf dem Schlosshof sehen. Bis dahin wird im Schloss auch die Ausstellung „Eine Zeitreise durch unsere Stadt“ mit historischen Fotos, Gemälden und Zeichnungen gezeigt. Erika Hartung, eine ehemalige Penkunerin, stellt dort ihre Landschaftsmalereien und Porträts aus.

Tierarzt als Retter gewürdigt

Ein bedeutender Penkuner, der Tierarzt Walter Koch, wurde während des Abschlussgottesdienstes in der Stadtkirche geehrt. In der unmittelbaren Nachkriegszeit hatte er vielen Kranken das Leben gerettet. So wurde im Nordausgang der Kirche eine Tafel mit seinem Namen eingeweiht.

Pastor Bernhard Riedel hob mit dem Bibeltext aus Jesaja 43 „Fürchte dich nicht, denn ich habe dich bei deinem Namen gerufen…“ hervor, wie wichtig der Name und die Identität bei Gott seien. So sollten sich die Menschen späterer Generationen noch daran erinnern, dass Walter Koch in einer Zeit, in der Hausärzte fehlten und medizinische Strukturen brach lagen, vielen Typhuskranken half – auch auf die Gefahr hin, sich anzustecken. Dies sei ein herausragendes Beispiel christlichen Handelns, sagte Riedel.

Rainer Schwedesky (76), ein ehemaliger Penkuner, der aus Ludwigshafen angereist war, erzählte von einem Kindheitserlebnis: Er hatte sich die Fußknöchel aufgeschlagen, Koch behandelte ihn mit Pferdesalbe. Anni Christen aus Penkun erkrankte als junges Mädchen an Scharlach, genoss ebenfalls die Hilfe des Tierarztes und sparte sich dadurch den langen, beschwerlichen Weg nach Greifswald. Sie schilderte Koch als stets freundlichen und äußerst hilfsbereiten Menschen, der oft mit relativ einfachen Mitteln und Empfehlungen half. Es sei der rechte Zeitpunkt, ihm jetzt ein Denkmal zu setzen.

Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 31/2015