Die drei Kirchen – kurze PortraitsDie Nordelbische Evangelisch-Lutherische Kirche

06.01.2012 | Schwerin. Die Nordelbische Kirche (NEK) erstreckt sich über die Bundesländer Hamburg und Schleswig-Holstein. Sie wurde 1977 gegründet. In ihr gingen die bis dahin selbstständigen lutherischen Landeskirchen Eutin, Hamburg, Lübeck, Schleswig-Holstein und der Kirchenkreis Harburg auf, der bis dahin zur Hannoverschen Kirche gehörte.

 

Etwa 2,0 Mio. evangelische Christinnen und Christen gehören der NEK in 598 Kirchengemeinden an. Die Kirche ist untergliedert in die zwei Bischofssprengel Schleswig und Holstein sowie Hamburg - Lübeck. Zum Sprengel Schleswig und Holstein gehören die Kirchenkreise Nordfriesland, Schleswig-Flensburg, Dithmarschen, Rendsburg-Eckernförde, Altholstein, Plön-Segeberg, Ostholstein und Rantzau-Münsterdorf. Zum Sprengel Hamburg und Lübeck gehören die Kirchenkreise Lübeck-Lauenburg, Hamburg-West/Südholstein und Hamburg-Ost. Eine regionale Besonderheit zeichnet die Nordelbische Kirche aus: Zu ihr gehört auch die „Nordschleswigsche Gemeinde“; das sind die deutschsprachigen Kirchengemeinden im südlichen Dänemark. Es gibt also nordelbische Pfarrstellen im südlichen Jütland. Analog gibt es dänischsprachige Kirchengemeinden, die zur Dänischen Volkskirche gehören, im nördlichen Schleswig-Holstein. Der Sitz der Kirchenleitung und des Nordelbischen Kirchenamtes ist in Kiel.

 

Neben den Gemeinden und Kirchenkreisen mit ihren Aufgaben vor Ort gibt es eine große Vielfalt von kirchlichen Einrichtungen, die die Kirche tragen: die sog. Dienste und Werke, die die zweite Säule der Nordelbischen Kirche bilden. Beispiele sind das Frauenwerk, die Obdachlosenhilfe, die Evangelische Akademie, Familienbildungsstätten, Krankenhausseelsorge, das Gottesdienstinstitut oder die Telefonseelsorge. Die gesamtkirchlichen Dienste und Werke sind in der Struktur von sieben thematisch ausgerichteten Hauptbereichen geordnet: 1. Aus- und Fortbildung, 2. Seelsorge/Beratung/

Ethischer Diskurs, 3. Gottesdienst und Gemeinde, 4. Mission und Ökumene, 5. Frauen, Männer, Jugend, 6. Medienwerk, 7. Diakonie.

 

Der Nordelbischen Synode, dem "Parlament" der Nordelbischen Kirche, gehören

140 Mitglieder an, darunter 69 Laien. Die Nordelbische Synode wählt aus ihrer Mitte zehn Synodale für sechs Jahre in die Kirchenleitung. Außerdem gehören die drei BischöfInnen der Kirchenleitung an, von denen einer oder eine den Vorsitz inne hat. Sitz der Kirchenleitung ist Kiel.

 

Charakteristisch für die Gliederung der NEK ist im Vergleich zu den anderen Gliedkirchen der EKD die besondere Stellung der Kirchenkreise: Sie werden nicht nur von der Verfassung als „selbstständige Einheiten kirchlichen Lebens“ bezeichnet, sondern sie verstehen sich auch so. Als die sog. „Kirchensteuergläubiger“ erhalten sie ca. 83 % der zu verteilenden Finanzmittel. Unter der Leitung einer Kirchenkreissynode und eines Kirchenkreisvorstandes organisieren und verwalten sie das kirchliche Leben weithin eigenständig. Die geistliche Leitung liegt in den Kirchenkreisen bei den Pröpstinnen und Pröpsten, die ihre Aufgaben in sog. geistlichen Aufsichtsbezirken getrennt, aber für den Kirchenkreis kollegial, wahrnehmen.

 

Zurzeit sind in der NEK etwa 1.400 Pastorinnen und Pastoren im aktiven Dienst, den sie gemeinsam mit vielen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wahrnehmen. In der föderalen Struktur hat sich eine landeskirchliche Identität entwickelt, die von Verschiedenheit ausgeht und ein Zusammengehörigkeitsgefühl auch extrem unterschiedlicher Gemeinden einschließt, wie der auf der Hallig Hooge oder der Hauptkirchengemeinde St. Michaelis in Hamburg.

 

Dr. Michael Ahme/Annegret Wegner-Braun

 

Die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Mecklenburgs

Die Wurzeln der mecklenburgischen Landeskirche reichen tief. Ihre Geschichte beginnt mit der Christianisierung im 11. und 12. Jahrhundert. Das Bistum Schwerin und der erste Dom dort wurden in dieser Zeit gegründet. Im Mittelalter gab es eine intensive und opferbereite Frömmigkeit im Lande, eine große Zahl von Geistlichen und rege Wallfahrten.

Die Anfänge der Reformation in Mecklenburg sind in Rostock zu suchen. Hier predigte Joachim Slüter bereits um 1523 nach evangelischer Lehre. Erst 1549 beschloss der damalige Landtag die Einführung der Reformation für ganz Mecklenburg. 1552 wurde die lutherische Kirchenordnung eingeführt, die mit leichten Veränderungen bis zum Beschluss über die neue Verfassung im Jahr 1922 galt. Im 19. Jahrhundert festigte sich die Landeskirche vor allem durch das Wirken von Oberkirchenrat Theodor Kliefoth. Er sorgte von einem konservativen Luthertum aus für die Prägung der Landeskirche in liturgischer und struktureller Hinsicht.

Nach der Trennung von Staat und Kirche durch die Weimarer Reichsverfassung gaben sich 1920 Mecklenburg-Strelitz und 1922 Mecklenburg-Schwerin eine eigene Kirchenverfassung. Diese Kirchenverfassung wurde ab 1971 durch verschiedene Ordnungen im Verfassungsrang abgelöst (vor allem Kirchgemeindeordnung).

 

In Mecklenburg-Vorpommern gehören 75 % der Bevölkerung keiner Konfession an. Viele Menschen kennen Glauben und Kirche bereits seit zwei bis drei Generationen nicht mehr. Die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Mecklenburgs (ELLM) hat rund 193.000 Gemeindeglieder, das sind in dem dünn besiedelten Bundesland mit knapp 1,7 Millionen Einwohnern 18 % evangelische. Knapp 5 % der Bevölkerung sind Katholiken, 2 % sind Mitglieder von Freikirchen. Andere Religionen, wie der Islam, spielen im Lande kaum eine Rolle.

 

Insgesamt arbeiten etwa 1.100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im kirchlichen Dienst.

In den 269 Kirchgemeinden der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs, die auf fünf Kirchenkreisen verteilt sind, sind etwa 200 Pastorinnen und Pastoren tätig. Auf dem Lande sind sie oft für geografisch große Gebiete zuständig.

Zu einer Kirchgemeinde können durchaus 30 Ortschaften mit vier, acht oder mehr Kirchen gehören. Hintergrund ist in der Regel, dass aus früher zwei, drei oder vier Kirchgemeinden heute eine Kirchgemeinde oder ein Kirchgemeindeverband geworden ist.

Etwa fünf bis sieben Kirchgemeinden arbeiten in einer von insgesamt 26 Propsteien zusammen. Hier treffen sich die Pastorinnen und Pastoren sowie die anderen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Verkündigungsdienst zu Konventen. In einer Propsteisynode, die von einer Pröpstin/einem Propst nebenamtlich geleitet wird, werden gemeinsame Projekte der Kirchgemeinden organisiert.

 

Kirchliche Arbeit hat sich in Mecklenburg in den vergangenen Jahren stark verändert.

Neben Kirchgemeinden, in denen es regelmäßig liebevoll und abwechslungsreich gestaltete Gottesdienste gibt, kann in manchen Kirchen nur in größeren Abständen Gottesdienst gefeiert werden. Aber es gibt neue Schwerpunkte kirchlicher Arbeit, die der Lebenssituation der Menschen zu entsprechen versuchen. So ist es an vielen Orten inzwischen eine Tradition, zu Taufseminaren und Konfirmandenkursen für Erwachsene einzuladen. Durchschnittlich 20 % der Getauften eines Jahres sind heute Erwachsene.

Die Einführung des Religionsunterrichtes an den Schulen unseres Bundeslandes in den Jahren nach der friedlichen Revolution hat eine kaum zu überschätzende Bedeutung.

Weil es auch heute noch nicht genügend Religionslehrer gibt, kann der Religionsunterricht noch immer nicht flächendeckend angeboten werden. Aber wo er stattfindet, nehmen immer auch ungetaufte Kinder an ihm teil. Sie erfahren hier von dem Glauben, den sie meist von Hause aus nicht kennen.

Neben dem Religionsunterricht ist die Christenlehre weiterhin ein Angebot für Kinder im Alter vor der Konfirmandenzeit geblieben. Sie entstand Ende der 40er-Jahre des 20. Jahrhunderts, als in der DDR der Religionsunterricht an den Schulen abgeschafft wurde. Sie ist kirchliche Bildung für die Kinder der Schulklassen 1 bis 6, die in kirchlichen Räumen stattfindet und von den Kirchgemeinden verantwortet wird. Fast 1/3 der Teilnehmer an der Christenlehre sind nicht getauft. Manchmal werden über die Kinder auch Eltern erreicht, die der Kirche fern stehen, sich durch ihre Kinder mit Fragen des Glaubens konfrontiert sehen und dadurch beginnen, über ihre eigene Beziehung zum Glauben neu nachzudenken.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt bei der Kinder- und Jugendarbeit. Ungefähr auf drei Gemeindepfarrstellen in der Landeskirche kommt eine gemeindepädagogische Stelle.

Das Projekt der Tage ethischer Orientierung (TEO) ist ein Modell, das Schule, Kirche und Verbände zusammenbringt und zu einem „Exportschlager“ in andere Bundesländer werden könnte.

Auch in evangelischen Kindergärten, von denen es vor der friedlichen Revolution in Mecklenburg drei gab und heute über 50, engagieren sich die Kirchgemeinden, unterstützt von diakonischen Trägern, für die nachwachsende Generation.

In den vergangenen zwanzig Jahren konnten im Bereich der mecklenburgischen Landeskirche 19 evangelische Schulen gegründet werden, die zur evangelischen Schulstiftung gehören. Es gibt darüber hinaus weitere 15 evangelische Schulen, die sich der Schulstiftung nicht angeschlossen haben. Alle diese Schulen erfreuen sich eines regen Zulaufs. In der einst atheistisch geprägten Schullandschaft mit ausschließlich staatlichen Schulen sind die evangelischen Schulen ein Zeichen für den Willen von Christen und Kirche, einen erheblichen Beitrag für die Bildung der Kinder und Jugendlichen zu leisten.

Einen anderen Schwerpunkt bildet die Kirchenmusik. Rund 6.000 Menschen engagieren sich in Kirchen- und Posaunenchören und in Instrumentalgruppen. Neben den 35 hauptamtlichen Kirchenmusikern in Voll- und Teilzeitstellen gibt es sehr viele neben- und ehrenamtliche Organisten und Chorleiter.

Seit 1990 hat sich auch das Arbeitsgebiet der Diakonie ungeheuer ausgeweitet. Zum Landesverband des Diakonischen Werkes gehören im Bereich der Mecklenburgischen Landeskirche 74 Mitglieder, die 621 Einrichtungen vertreten. Etwa 8.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in den Einrichtungen der Diakonie tätig. (Zahlen: März 2009)

 

Ein besonderen Schatz unserer Kirche sind die 84 Stadt- und 580 Dorfkirchen, die die Landschaft Mecklenburgs wesentlich mit prägen. Erbaut aus Feld- und Backsteinen weisen sie auf die Geschichte der christlichen Botschaft in diesem Land hin und auf ihre enge Verbindung mit dem Leben der Menschen hier. In einer „Konzeption zur Nutzung von Kirchen“ hat die Kirchenleitung vor einigen Jahren betont: „Kirchen sind sichtbare Zeichen dafür, dass Gott Wohnung unter uns Menschen nimmt.“ Und: „Sie sind nicht nur Orte, in denen gepredigt wird, sondern sie predigen auch selbst. So bleiben sie auch in einer Gesellschaft, die sich nicht mehr selbstverständlich als christlich versteht, ein öffentliches Wahrzeichen für die Gegenwart Gottes in der Welt. Dies gilt auch, wenn sie nicht mehr für Gottesdienste genutzt werden sollten. Als Orte der Besinnung und Ruhe für Christen wie für Nichtchristen sind sie unverzichtbar.“

 

Wir stehen zu unseren Kirchen und wollen mit ihnen in die Zukunft gehen. Das ist und bleibt eine große Aufgabe, die viel Anstrengung und der Hilfe der ganzen Gesellschaft bedarf.

Das Engagement der knapp 130 Kirchbauvereine, in denen sich zum großen Teil Menschen engagieren, die nicht der Kirche angehören, ist dafür ein ermutigendes Zeichen.

Der größte Schatz unserer Kirche aber sind die Menschen in unserem Land, die Christinnen und Christen aus den unterschiedlichen Regionen, haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitende in den Gemeinden und Werken der Kirche, Menschen, die der Kirche näher und ferner stehen, die sich mit ihren unterschiedlichen Glaubens- und Lebenserfahrungen begegnen und sich den Fragen und Herausforderungen ihrer Umwelt stellen.

Um dafür auch in Zukunft geeignete Strukturen zu schaffen, hat sich die mecklenburgische Landeskirche, zusammen mit der pommerschen und der nordelbischen Kirche auf den Weg in eine neue gemeinsame Kirche gemacht.

Andreas Flade/Dorothea Strube

Die Pommersche Evangelische Kirche

 

 

Die Pommersche Evangelische Kirche umfasst den Landesteil Vorpommern des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern und den nordöstlichsten Teil des Bundeslandes Brandenburg. Der Name weist auf die Lage am Meer hin. Zur Pommerschen Kirche gehört die Ostseeküste von Ahrenshoop bis Ahlbeck. Nach Westen und Süden grenzt die Pommersche Kirche an die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Mecklenburgs und an die Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz. Bis 1945 gehörten Vorpommern und Hinterpommern als Kirchenprovinz Pommern mit Sitz des Konsistoriums und des Generalsuperintendenten in Stettin der Evangelischen Kirche der altpreußischen Union an. 1950 entstand die Pommersche Kirche mit einer eigenen Kirchenordnung als selbständige lutherische Landeskirche und dem Bischofssitz in Greifswald. 1968 musste sie ihren Namen in "Evangelische Landeskirche Greifswald“ ändern, bis sie sich ab 1990 wieder "Pommersche Evangelische Kirche" nennen konnte.

 

In der Pommerschen Kirche gibt es 200 Kirchengemeinden mit 93.000 Kirchenmitgliedern und 448 Kirchen. Die Kirchengemeinden bilden die Kirchenkreise Demmin, Greifswald, Pasewalk und Stralsund. Diese Kirchenkreise sind 1997 in einer Strukturreform aus

15 Kirchenkreisen entstanden. Die Kirchenkreisverwaltungen wurden vor einigen Jahren im Greifswalder Konsistorium zentralisiert. In den Kirchengemeinden, Kirchenkreisen und in der Landeskirche sind 130 Pfarrerinnen und Pfarrer tätig. Für eine Gemeindepfarrstelle wird die Zuständigkeit für 1.000 Gemeindeglieder angestrebt.

 

Die Ältestenwahlen fanden im vergangenen Herbst statt, wobei die Mitglieder der Gemeindekirchenräte bei den alle vier Jahre stattfindenden Wahlen immer je zur Hälfte neu gewählt werden. Da die Amtszeit insgesamt acht Jahre beträgt, bleibt die andere Hälfte der Mitglieder weiter im Amt und sichert eine gewisse Kontinuität in der Arbeit. Für bestimmte Arbeitsbereiche, wie z. B. die Friedhöfe, können sich Kirchengemeinden zu Zweckverbänden zusammenschließen. Oft ist eine Pfarrerin bzw. ein Pfarrer für mehrere selbstständige Kirchengemeinden zuständig, diese bilden dann einen Pfarrsprengel.

 

Um die Menschen ohne konfessionelle Bindung für den Glauben und die Kirche zu interessieren, hat die Landessynode beschlossen, für einige Zeit die Taufe als einen besonderen Schwerpunkt der kirchlichen Arbeit auf allen Ebenen zu thematisieren und in der Öffentlichkeit zu kommunizieren.

 

Viele übergemeindliche Arbeitsbereiche, wie Kirchenmusikwerk, Frauenwerk, Evangelische Akademie und die Kirchenzeitung, werden wegen der begrenzten personellen und finanziellen Ressourcen bereits seit Jahren gemeinsam mit der Mecklenburgischen Kirche verantwortet. Um die kirchliche Arbeit auch für die Zukunft zu sichern, hat die Landessynode beschlossen, sich auf den Weg in die Nordkirche zu machen und dann zusammen mit den Christinnen und Christen in Mecklenburg und in Nordelbien einer neuen gemeinsamen Kirche anzugehören.

 

Elke Stoepker