Wie ein rechtmäßig gewählter Bischof zum Alleinherrscher wurde Die Zerstörung einer Kirche

Von Daniela Städter

Sergej Maschewski wurde auf der Herbstsynode 2014 der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche der Ukraine (DELKU) zum neuen Bischof gewählt. Er verkörpert eine Zäsur für die kleine Kirche.

Foto: epd

15.07.2018 · Kiew. Die Deutsche Evangelisch-Lutherische Kirche in der Ukraine (DELKU) steht vor dem Aus. Bischof Sergej Maschewski hat Pastoren entlassen, Gemeinden enteignet, Synodale eingeschüchtert und schreckt wohl auch vor körperlichen Übergriffen nicht zurück.

Die Geschichte klingt wie ein schlechter Krimi, ist aber leider real. Bischof der 1992 gegründeten Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche in der Ukraine (DELKU) war bis 2014 immer ein Deutscher – per Ausschreibungsverfahren vom Landeskirchenamt der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern entsendet. Doch die DELKU sollte eigenständig werden und ihren Bischof selbst wählen. Sergej Maschewski, zwar auch Deutscher, aber in Kasachstan geboren und aufgewachsen, setzte sich knapp durch. Wer alles nicht so genau hingeschaut oder sich von ihm hat blenden lassen, ist heute nicht mehr klar nachzuvollziehen. Fest steht: Autoritäre Züge und Alkoholprobleme hatte der heute 42-Jährige schon vor der Wahl. Einmal an der Macht, stellte er alles auf den Kopf.

Ein Bischof, der Gesetze bricht

Eigentlich ist die Kirche presbyterial- synodal strukturiert. Das heißt, die Synode entscheidet. Den neuen Bischof störte das nicht. Er engagierte einen Wachdienst. Zu den Synodentagungen kam nur der hinein, den er dabeihaben wollte. Er berief eigenmächtig Synodale, die einer Machtkonzentration in seiner Person zustimmten. Von den ursprünglich 51 Synodalen wurden 2017 nur noch 15 zugelassen. Er kündigte Pastoren, obwohl er damit gegen kirchliche Gesetze verstieß. Er schloss fünf Gemeinden aus der DELKU aus, andere gingen freiwillig. 14 Dienstwagen, die für die Pastoren gedacht waren, beanspruchte er für sich. Drei hat er verkauft, Gebäude zweckentfremdet, 20 Gerichtsprozesse gegen Gemeinden und Pastoren geführt, die sich gegen sein Vorgehen wehrten. Das ist die Kurzzusammenfassung, wie sie unter anderen Alexander Gross berichtet. Er ist Pastor in den Dörfern Petrodolinske und Nowogradkievka.

Gross bekam Maschewskis Gebaren selbst zu spüren. Der 45-Jährige legt Wert auf Bibelkunde und Mission. Er gründete eine Bibelschule, machte diakonische und evangelistische Angebote für die Dorfkinder. Es ist – bis heute – ein lebendiges Gemeindeleben. All das passte Maschewski nicht. Bereits 2015 schloss er die Schule. Er entließ Gross per E-Mail. Als sich Gross nicht einschüchtern ließ, schickte er erst durchtrainierte Männer, dann die Polizei. Einmal, zweimal, dreimal. Türen wurden eingetreten, auf einem Video sind Schreie seiner Töchter zu hören.

Siebenmal hat Maschewski ihn seit 2015 bedroht, erzählte Gross, als er im Juni in Deutschland war. Beim bislang letzten Übergriff verletzte sich Gross in einem Handgemenge am Arm. Der Vorsitzende des Gemeinderates musste nach einem Sturz zehn Tage ins Krankenhaus. Bei einem der Angriffe waren auch zwei US-Amerikaner dabei. Sie haben Gross bei seiner Arbeit unterstützt.

Es gibt keine Kontrollinstanz mehr

Mehrere Pfarrer aus Deutschland waren in der DELKU aktiv, darunter Ralf Haska in der Kirchengemeinde St. Katharina in Kiew und Andreas Hamburg, der heute Pfarrer im bayerischen Thierstein ist. Er schüttelt über die Entwicklung den Kopf: „Es gibt keine Kontrollinstanz mehr.“ Maschewski fühle sich als Alleinherrscher unantastbar. Hamburg wünscht sich eine offizielle Stellungnahme aus Deutschland. Aber dort ist man zurückhaltend. Der bayerische Synodale Fritz Schroth hat sich vor Ort informiert und die „geschassten Gemeinden“ besucht. Er habe die Christen, die unter dem Bischof leiden, geistlich stärken und ihnen Mut machen wollen. Aber „Bayern“ könne an der Situation nichts ändern.

Auch der Lutherische Weltbund kann nach eigenen Angaben nicht weiterhelfen. Man sei „sehr besorgt über die inneren Konflikte und die Zwietracht zwischen verschiedenen Gruppen in der Kirche“, teilte die Pressestelle mit. Der Weltbund sei aber nicht zuständig für interne Angelegenheiten. Alexander Gross ist unterdessen wieder zurück. Er weiß nicht, wann der nächste Angriff erfolgen wird, er kann nur warten: „Wir bitten inständig um Gebet. Das Ganze muss doch eines Tages ein Ende haben.“

Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 28/2018