Wiedereintrittsstellen machen es Interessierten leicht, Mitglied der Kirche zu werden Die Rückkehrer

Benjamin Lassiwe

Wiedereintrittsstellen gibt es in den meisten Landeskirchen. Besonders an den Wendepunkten im Leben wie Hochzeiten, Taufen und Sterbefälle erinnern sich die Menschen an die Kirche

epd

02.08.2015 ·  Neben Hunderttausenden Austritten aus der Kirche gibt es – fast unbemerkt – zahlreiche Erwachsenentaufen und Wiedereintritte. Sie könnten noch besser beworben werden.

„Sag mal, bist Du eigentlich in der Kirche?“ Als der Oldenburger Kommunalpolitiker Christoph Baak diese Frage hörte, wunderte er sich. „Nein, wieso?“ „Warum bist Du denn nicht in der Kirche?“ Auf die Frage wusste Baak, der im vergangenen Jahr für die CDU um das Amt des Bürgermeisters der niedersächsischen Universitätsstadt kandidierte, keine Antwort. Als er mit 24 Jahren in der Ausbildung war, und Vater wurde, war der Besitzer einer Werbeagentur aus der Kirche ausgetreten. Das Geld reichte nicht für die junge Familie. „Wir mussten uns fragen, wo wir sparen – und ich war nie ein großer Kirchgänger“, erinnert sich Christoph Baak. Aber warum er heute nicht mehr in der Kirche war, konnte er nicht sagen.

Es kam eine Autofahrt nach Hamburg. Christoph Baak hatte Zeit. Er rief bei der Pastorin einer Oldenburger Kirchengemeinde an. „Nennen Sie mir doch mal drei gute Gründe, warum ich in der Kirche sein soll?“ Die Pastorin fragte ihn, ob ihm die Arbeit der Kirche gefalle. „Das ist doch wie bei einem Fußballverein“, sagte sie. „Wenn Sie es gut finden, was der Verein macht, können Sie es doch auch unterstützen.“

Für Christoph Baak waren die Argumente einleuchtend. Der Oldenburger trat wieder in die Evangelische Kirche ein. Und ist damit kein Einzelfall. Denn Jahr für Jahr treten zehntausende Erwachsene in die Evangelische Kirche ein. Die EKD-Statistik für das Jahr 2013 verzeichnet 19 768 Wiederaufnahmen von Menschen, die einst aus der Kirche austraten, und 18 000 Erwachsenentaufen – was die mehr als 176 000 Austritte zwar nicht ausgleichen kann. Aber immerhin rund zehn Prozent der Ausgetretenen kehren später einmal zurück.

Auf der Bundesebene unterhält die EKD ein eigenes Kircheneintrittstelefon. Und in den meisten Landeskirchen gibt es Wiedereintrittsstellen – etwa in Braunschweig und Goslar, an der Marktkirche in Hannover, in der Lamberti-Kirche in Oldenburg, an den Hamburger Hauptkirchen oder der Kirchenkreisverwaltung in Schleswig. Sie könnten freilich oft noch besser beworben werden: Ein Rentner aus Ostholstein, mit dem die Evangelische Zeitung im Vorfeld dieses Textes sprach, und der seinen Namen aus persönlichen Gründen nicht in der Zeitung lesen möchte, sagte, dass er beim ersten Versuch, in die Kirche zurückzukehren, erst einmal zur staatlichen Behörde gegangen sei. Also dorthin, wo er einst aus der Kirche austrat. Dass die staatlichen Stellen für den Wiedereintritt gar nicht zuständig seien, erfuhr der verduzte Mann erst auf dem Amt.

Austritt aus finanziellen Gründen - Wiedereintritt durch die Söhne

Andrea Richter dagegen ging in Kiel gleich zu ihrer Pastorin. Am 1. Juni trat sie in der Kreuzkirchengemeinde wieder in die evangelische Kirche ein. Ähnlich wie Christoph Baak in Oldenburg war die gebürtige Rostockerin, die einst als Säugling von Joachim Gauck, dem heutigen Bundespräsidenten, getauft worden war, aus finanziellen Gründen ausgetreten. „Das Ganze ins Rollen gebracht hat die freiwillige Entscheidung unserer beiden Söhne, getauft und konfirmiert zu werden“, sagte Richter. Damit hatte sie erstmals wieder Kontakt zur Kirche. „Vielleicht ist mir dabei bewusst geworden dass ich mich doch immer nach diesem Halt gesehnt habe.“

Heute versucht sie, sich so gut es geht in die Gemeindeaktivitäten einzubringen. „Aus eigener persönlicher Erfahrung kann ich sagen, dass Glaube, wenn man ihn lässt, Kraft für Alles geben kann“, sagt Andrea Richter. „Wenn man stark genug glaubt, kann man auch den widrigsten Ereignissen in seinem Leben trotzen, ohne total zu verbittern.“ Ihre Lebenseinstellung sei einfach positiver geworden. „Viele Dinge, welche ich nicht ändern kann, lasse ich nun geschehen und spare mir die Kraft für das wirklich Wichtige im Leben“, sagt Andrea Richter. „Ein kurzes Gebet, ein Blick nach oben – tut einfach gut.“

Auch Christoph Baak lebt seine Kirchenmitgliedschaft heute viel bewusster. „Man bekommt jetzt Informationen von der Kirche, und wenn da ein Trödelmarkt oder ein Sommerfest angekündigt ist, dann gehe ich schon einmal hin“, sagt der Oldenburger. „Und erst neulich waren wir mal wieder in der Kirche, zu deren Gemeinde wir gehören.“

Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 31/2015