Umfrage Deutsche arbeiten gern - wollen aber früh in Rente

06.12.2016 · Hamburg. Das Verhältnis der Deutschen zur Arbeit ist widersprüchlich: 85 Prozent sind laut Umfrage der Hamburger Körber-Stiftung derzeit mit ihrer Arbeit zufrieden. Gefragt nach den Prioritäten des eigenen Lebens folge nach Familie/Partnerschaft (93 Prozent) die Erwerbstätigkeit mit 89 Prozent. Andererseits möchten die meisten ihr Arbeitsleben möglichst schnell beenden. Ein Lebensarbeitskonto würden 52 Prozent nutzen, um möglichst früh in Rente zu gehen.

Es gebe immer noch die Mentalität "möglichst schnell raus", sagte Max Neufeind, Arbeitsforscher im Bundesarbeitsministerium. Nur zwei Prozent wünschen sich "Auszeiten" im Beruf. Dabei ist die Sorge um den eigenen Arbeitsplatz relativ gering. 89 Prozent halten laut Umfrage ihren Arbeitsplatz für sicher, 76 Prozent fühlen sich für die künftige Digitalisierung "gut gerüstet". Unter den Befragten unter 30 Jahren sind es sogar 85 Prozent.

Zu schaffen macht den Deutschen offensichtlich der Stress. 56 Prozent fühlen sich häufig oder sehr häufig gestresst, Frauen zwischen 25 und 39 Jahren mehr als andere. 71 Prozent sehnen sich danach, mal nichts zu tun. Männer arbeiten pro Woche durchschnittlich 41,2 Stunden, Frauen 33,9 Stunden. Gewünscht wird im Mittel eine 31,3-Stunden-Woche. Die Menschen würden immer noch "durch die Biografien hetzen", sagte Geis. Es gebe in jungen Jahren die "Rushhour" mit Berufsfindung und Familiengründung, der dann später ein langer Ruhestand folgt.

Großes Misstrauen in Rentensystem

Das Misstrauen in das deutsche Rentensystem ist groß. Nur zwei Prozent glauben, dass die aktuelle Regelung für auskömmliche Renten sorgt. Lediglich 25 Prozent trauen es der Politik zu, das Rentensystem auf eine sichere Grundlage zu stellen. Jeder Zweite (49 Prozent) macht sich Sorgen um sein Auskommen im Alter, Frauen (53 Prozent) mehr als Männer (45 Prozent). 61 Prozent gehen davon aus, dass es der Jugend im Alter schlechter gehen wird. Geis: "Beim Blick in die Zukunft sind die meisten Deutschen pessimistisch."

Es sei ein Fehlschluss, dass die Rentner künftig immer ärmer werden, sagte Axel Börsch-Supan, Rentenexperte am Max-Planck-Institut für Sozialpolitik (München). Der Abstand zur Lohnentwicklung werde zwar größer, mehr als 70 Prozent könnten diese Lücke aber mit eigener Vorsorge füllen. Für einen "Krieg der Generationen" gebe es keinerlei Anzeichen. Problematisch werde die Situation im Alter jedoch für Alleinerziehende und Migranten.

Der Hamburger Wirtschaftsforscher Thomas Straubhaar warnte vor Optimismus. Wenn die Renten gegenüber den Löhnen zurückfallen, fördere dies ein subjektives Gefühl der Benachteiligung. Notwendig sei eine Rentenreform, die auch die Einkünfte der Selbstständigen und Kapitalerträge einbezieht. Das Meinungsforschungsinstitut Forsa hatte im Auftrag der Körber-Stiftung im Oktober 1.701 Menschen im Alter zwischen 18 und 65 Jahren befragt.

Quelle: epd