„Liebt eure lutherische Kirche!“ Das rät der rumänische Bischof Adorjáni seinen Partnern in der Nordkirche

Hineinwirken in die Gesellschaft: Ökumene-Dezernent Andreas Flade und die Bischöfe Gerhard Ulrich und Deszö Zoltán Adorjáni (v. r.) beim Landrat im ungarisch geprägten Szeklenburg.

Foto: Tilman Baier

05.07.2015 · Szeklenburg. Erstmalig hat Landesbischof Gerhard Ulrich die Evangelisch-lutherische Kirche in Rumänien besucht. Diese Partnerschaft mit der kleinen, vorwiegend ungarischsprachigen Diaspora-Kirche hat Mecklenburg in die Nordkirche eingebracht. Besonders beeindruckt zeigte sich Ulrich vom Gestaltungswillen, als Minderheit in die Gesellschaft hin einzuwirken. Dezsö Zoltán Adorjáni ist Bischof dieser Kirche. Mit ihm sprach Tilman Baier.

Tilman Baier: Bischof Adorjáni, was bedeutet Ihnen die Partnerschaft mit Mecklenburg und nun mit der Nordkirche?

Dezsö Zoltán Adorjáni: Enorm viel. Sie ist schon 20 Jahre alt und doch eine neue Geschichte: Wir hatten früher mehr zu tun mit Mitteldeutschland wegen der Reformation, mit Süddeutschland und Österreich. Dazu kommt jetzt: Die Nordkirche ist eine enorm große Kirche mit über zwei Millionen Mitgliedern im Vergleich zu unserer Diaspora-Kirche mit 30 000. Wir sind volkskirchlich geprägt, die Nordkirche hat zudem noch etliche andere Prägungen. Selbstverständlich freuen wir uns über die Unterstützung aus der Nordkirche, die wir brauchen als kleine Kirche, und das nicht nur finanziell für diakonische oder gemeindliche Projekte wie größere Bauvorhaben, für die es bisher Hilfe aus Mecklenburg gab. Doch wir brauchen vor allem moralische, theologische und politische Unterstützung. Wichtig für uns als Minderheit ist, dass wir und die Gesellschaft wissen: Hinter uns steht ein größerer Partner.

Wo könnte diese Partnerschaft noch intensiver werden?

Auf der Ebene der Pastoren und der Kirchenleitungen funktionieren die Beziehungen. Doch am wichtigsten ist mir, was für die Basis, die Gemeinden daraus erwächst. Es gibt bereits einige gute Beispiele, wo Partnerschaften zwischen Gemeinden funktionieren, wie zwischen Grabow in Südmecklenburg und Bácsfalu bei Kronstadt. Ebenso der Austausch, wenn unsere Studenten ein Vikariat in Mecklenburg absolvieren oder unsere Mitarbeiter für mehrere Jahre in einer Gemeinde arbeiten wie derzeit Pastor Árpád Csabay in Sülstorf bei Schwerin. Es wäre auch nötig, dass jemand aus der Nordkirche für ein paar Jahre nach Klausenburg käme und dort Gottesdienst in deutscher Sprache hielte – es gibt dort rund 1000 Studenten, Lehrkräfte, Geschäftsleute aus Deutschland.

Sind kulturelle Unterschiede eher Hürde oder Anreiz?

Störend sind diese Unterschiede nicht. Die unterschiedlichen Traditionen können bereichern, und wir können voneinander lernen, was gut und bewahrenswert ist oder was man ablegen kann. Es ist ein Lernprozess, uns zu akzeptieren. Wir haben auf beiden Seiten eine reiche Palette von Gemeinden: ländliche, großstädtische ... Auch bei uns gibt es große Unterschiede – schon durch die Entfernungen: sprachliche, liturgische.

Was heißt „lutherisch“ im 21. Jahrhundert in Rumänien?

Das heißt, eine Besonderheit zu sein im Protestantismus, der hier sonst calvinistisch geprägt ist. Vor allem prägt der lutherische Charakter in der Liturgiefrömmigkeit. Und wir haben eine besondere romantische Idee von den Wittenberger Reformatoren, besonders von Luther: als Mönch, als Familienvater, als Held. In Schweden mit seiner großen lutherischen Kirche ist es nichts Besonderes, Lutheraner zu sein. Hier ist es wichtig für unsere Identität als Minderheit.

Was ist Ihre Botschaft an die Gemeinden in der Nordkirche?

Liebt eure lutherische Kirche!

Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 27/2015