Chronik der Jugendarbeit in Mecklenburg wird vorgestellt "Aufbruch und Geborgenheit“

Friedenssendfahrt 1982, in der Kirche in Thulendorf. Rechts Ingo Barz, Kreisjugendwart im Kirchenkreis Rostock-Land-Ost 1977 bis 1990.

Foto: privat

23.01.2019 · Rostock/Schwerin. Welche Bedeutung hatte kirchliche Jugendarbeit in Mecklenburg zwischen 1920 und 1998? Dieser Frage geht die Chronik „Aufbruch und Geborgenheit“ nach, die das Evangelische Kinder- und Jugendwerk Mecklenburgs in Auftrag gegeben hat. Am 25. Januar wird das Buch vorgestellt. Marion Wulf-Nixdorf hat mit Autorin Astrid Utpatel-Hartwig gesprochen.

Frau Utpatel-Hartwig, von Ihnen gibt es bereits eine Chronik zur Geschichte der Frauenarbeit in Mecklenburg. Nun Jugendarbeit. Wie kam es dazu?

Astrid Utpatel-Hartwig: Im Mitarbeiterteam des Kinder- und Jugendwerks entstand während einer Klausur die Idee, dass es gut wäre, eine eigene Chronik zu haben.

Sie sind in Malchin aufgewachsen. Haben Sie selbst – Sie sind 51 – Erfahrungen mit kirchlicher Jugendarbeit in Mecklenburg gemacht?

Für mich war die evangelische Jugendarbeit in Mecklenburg in den 1980er-Jahren ein zweites Zuhause und der dringend notwendige Gegenpol zur sozialistischen Schule und zu allen anderen Freizeitgestaltungen, die staatlich gelenkt waren. In der Gemeinschaft innerhalb der evangelischen Jugend und auf den Veranstaltungen bin ich erwachsen geworden und habe viele Grundlagen für mein späteres Leben gelegt.

Sie haben zweieinhalb Jahre an der Chronik gearbeitet. Im Rückblick: Welche Bedeutung hatte die evangelische Jugendarbeit?

Beim Eintauchen in diese Zeiten, aber auch in noch viel frühere Zeiten – die Chronik beginnt ja bereits 1920 – ist mir bewusst geworden, dass die Bedeutung der evangelischen Jugendarbeit für uns christliche Jugendliche in der DDR gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Was wir dort alles gelernt haben: frei sprechen, eine Meinung bilden und vertreten, Alternativen für das vorgezeichnete Leben entwickeln, Kreativität ausleben, Eigeninitiative entwickeln. Das waren ja alles Dinge, die sonst völlig zu kurz kamen in der uns umgebenden Gesellschaft. Und ganz wichtig: Dort waren andere, die auch an Gott glaubten und mich nicht auslachten oder kritisch dafür beäugten.

Gab es Überraschungen für Sie?

Bei meinen Gesprächen mit ehemaligen Mitarbeitern, Landesjugendpastoren und ehrenamtlich engagierten Jugendlichen ergab sich ein viel breiter aufgefächertes Spektrum an Jugendarbeit, als ich erwartet hatte. Besonders beeindruckt hat mich der Enthusiasmus, mit dem die meisten Interviewten von ihrer früheren Arbeit erzählten. Das Engagement und die Freude, die Zeit und die Kraft gingen oft weit über das „normale“ Maß hinaus.

Wo gab es Probleme?

Die Problemfelder waren allerdings sehr deutlich beim Erzählen benannt, und ich habe sie auch gespürt: die fehlende Anerkennung der Jugendwarte durch die Kirchenleitung. Manchmal auch durch einzelne Pastoren. Die Schwierigkeiten des ländlichen Raums – Transportprobleme auf den Dörfern, der Wegzug der Jugendlichen in die Städte… Die Schwierigkeiten, Stellen zu besetzen, unter anderem weil es keine Wohnungen gab… Die Zersetzung durch die Stasi bei einigen Interviewten… Allerdings gab es wenig Zweifel am Sinn und an der Notwendigkeit dessen, was man tat.

18 Personen haben etwas beigesteuert. Wie wurde ausgewählt?

An Interviewpartnern mangelte es nicht. Die Kunst war es auszuwählen, wer zu Wort kommt. Wir haben in einem sehr langen und intensiven Prozess am Anfang aller Arbeiten versucht, aus jedem Jahrzehnt von der hauptamtlichen und der ehrenamtlichen Ebene Personen auszuwählen – dazu haben wir übergemeindliche und gemeindliche Arbeit sowie Sonderformen wie die Musikarbeit einbezogen. Und als letztes – gar nicht so einfaches Kriterium – Männer und Frauen. Da die Frauen aber stark unterrepräsentiert in der Jugendarbeit waren, sind die Männer in der Mehrzahl.

Die Vorstellung findet am Freitag, 25. Januar, um 17 Uhr im Festsaal des Landeskirchenamts in Schwerin, Münzstraße, statt. Um Anmeldung beim Zentrum kirchlicher Dienste wird gebeten.

„Aufbruch und Geborgenheit“, herausgegeben vom Evangelischen Kinder- und Jugendwerk Mecklenburg. 2018, 212 Seiten, 15,- Euro. Die Chronik ist erhältlich  im Zentrum Kirchlicher Dienste in Rostock, Alter Markt 19, per E-Mail an beatrice.zechow@elkm.de oder unter Tel. 0381 / 37 79 87 53.

Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 03/2019