Vortrag Bischofskandidat Behr: Kirche soll mit "Pfunden wuchern"

Christian Behr

Foto: Steffen Giersch

07.02.2019 · Schwerin/Greifswald.

Der Dresdner Superintendent Christian Behr, Kandidat für das Bischofsamt in Mecklenburg-Vorpommern, hat die Kirche dazu aufgerufen, sich nicht zu verstecken. Kirche solle mit ihren "Pfunden wuchern" und "sie nicht in der Erde vergraben", sagte der 57-Jährige bei seinem Vortrag am Mittwochabend in Schwerin. Zwar habe es die Kirche "mit einem Rückgang der Mitgliederzahlen zu tun, der in der Geschichte seinesgleichen sucht." Doch Volkskirche sei "keine Frage der Zahlen, sondern der Einstellung und auch des Anspruchs".

"Wenn wir weiter Volkskirche bleiben wollen", so Behr, "dann müssen wir uns hier kreativ engagieren." Die Wahl für die Nachfolge des Schweriner Bischofs Andreas von Maltzahn und des Greifswalder Bischofs Hans-Jürgen Abromeit als Bischof im Sprengel Mecklenburg-Vorpommern soll am 1. März im Greifswalder Dom stattfinden. Gegenkandidat von Behr ist der Rostocker Ökumene-Pastor Tilman Jeremias (52).

Um Kirche im öffentlichen Raum sichtbar zu machen, seien Tourismusarbeit und gute Medienarbeit in Rundfunk und Fernsehen ebenso nötig wie Krankenhaus- und Gefängnisseelsorge. Gleichzeitig müssen Behrs Ansicht zufolge die evangelische Bildung als Grundlage des Glaubens und die evangelische Jugendarbeit gestärkt werden. Die Evangelische Jugend sei "ein Bildungsträger, der christliche Kinder und Jugendliche stärkt und der gleichzeitig für andere offen ist". Es gehe darum, "dass junge Menschen in den Wirren unserer Zeit eine Beheimatung finden, die sie im Glauben so stärkt, dass sie frohe Christenmenschen bleiben können."

Nötig sei auch eine Beheimatung im eigenen persönlichen Umfeld, sagte der verheiratete Vater dreier erwachsener Töchter. In seinem "Traum-Projekt" gebe es ein Dorf, in dem es neben den Wohnhäusern nur noch die Kirche und das Pfarrhaus, "vielleicht ohne Pfarrer", gibt. Die Kirchengemeinde schiebe an, dass es im Dorf eine genossenschaftliche Initiative gibt, die einen kleinen Bäckerladen mit weiterem Service an der Kirche oder im Pfarrhaus unterhält. "Wieder einen Kommunikationsort haben. Wieder im Zentrum des Dorfes. Und alle haben etwas davon."

"Kirche muss diakonischer und Diakonie muss kirchlicher sein"

Nach Behrs Auffassung muss Kirche sich im Gemeinwesen engagieren. Er habe mit dem Dresdner Oberbürgermeister in der Hoch-Zeit der Pegida-Diskussionen 2016/17 moderierte Gespräche in der Kreuzkirche angeboten. "Und wenn es vielleicht das einzige Ergebnis war: Wir sind während und besonders nach den Veranstaltungen mit Menschen ins Gespräch gekommen, denen wir sonst fast nie begegnen." Dabei sei Vertrauen zwischen Kommune und evangelischer Kirche gewachsen. "Wir müssen uns immer wieder Partner suchen, um auch heute eine menschliche Gesellschaft zu gestalten und zu stärken."

Dazu gehöre auch die diakonische Arbeit. Der Einsatz für soziale Gerechtigkeit müsse als Grundanliegen der Kirche erkennbar bleiben. Dazu zählten neben vielem anderen die Armutsbekämpfung und bezahlbarer Wohnraum für Familien und Rentner für die Zukunft. "Kirche muss diakonischer und Diakonie muss kirchlicher sein".

Christian Behr ist gebürtiger Thüringer und absolvierte Ende der 1970er Jahre zunächst eine Lehre als Baufacharbeiter. Nach dem Theologie-Studium in Jena übernahm er seine erste Pfarrstelle 1989 in Kayna bei Zeitz (Sachsen-Anhalt), wo er auch als Kreisdiakoniepfarrer tätig war. 1994 wechselte Behr ins sächsische Grimma. Seit 2012 ist er 1. Pfarrer an der Kreuzkirche Dresden und Superintendent. Behr arbeitet im Beirat für die geistliche Arbeit an der Frauenkirche und im Vorstand für das Ökumenische Informationszentrum.

Die Bischöfe Abromeit und von Maltzahn haben während ihrer Amtszeit in der Nordkirche den Bischofsbezirk (Sprengel) Mecklenburg und Pommern gemeinsam geleitet. Bischof von Maltzahn wird im Mai 2019 aus dem Amt ausscheiden und wird Studienleiter im Pastoralkolleg Ratzeburg. Abromeit tritt im September 2019 in den Ruhestand.

Quelle: epd