Gedanken zum Israelsonntag von Bischof Abromeit Heilung fürs Heilige Land?

Unerhörte Harmonie: Im „West-Eastern Divan Orchestra“ von Stardirigent Daniel Barenboim (Mitte) spielen junge Israelis, Palästinenser und andere arabische Musiker seit Jahren zusammen. Auch jetzt, während der Konflikt im Nahen Osten eskaliert, machen sie weiter.

Foto: Luis Castilla

24.08.2014 · Greifswald. Gott hat seinem Volk eine Zukunft im Land Palästina verheißen – doch die Nachrichten aus dem Nahen Osten sprechen eine wenig verheißungsvolle Sprache, immer schärfer bekriegen sich Israelis und Palästinenser. Wie passt das zusammen? Gedanken zum Israelsonntag von Dr. Hans-Jürgen Abromeit, Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern.

In den Jahren 1987/88 passierte es zum ersten Mal: Es gab einen Aufstand der Palästinenser gegen die Besetzung des Westjordanlands und den Gazastreifen durch die Isrealis. Schon damals schlug Israel mit einer unglaublichen Härte zurück. Knochen wurden gebrochen, Häuser von Verdächtigen gesprengt, weitere Menschenrechtsverletzungen begangen.

Wie passt ein solches Verhalten zu der Erwählung Israels durch Gott, zu Gottes Verheißungen an sein Volk, wie wir sie aus der Bibel kennen? In einem Artikel in einer Fachzeitschrift gab ich damals meiner Ratlosigkeit Ausdruck – und bekam einen Leserbrief zurück, der mich elektrisierte.

Ein schon älterer Jude, der in den 1930er/-40er Jahren in der jüdischen Befreiungsarmee gekämpft und so mitgeholfen hatte, dass ein Staat Israel entstehen konnte, wies mich darauf hin, dass man den Staat Israel und die jüdische Glaubensgemeinschaft nicht verwechseln dürfe. Nicht einem Staat gelten Gottes Verheißungen, sondern einem Volk, das zum Vertrauen auf Gottes Wort und zum Glauben berufen ist.

„Und ihr sollt Fremde halten wie die Einheimischen“

Dieser Mann wies mich auf ein Prophetenwort hin, das ich bisher übersehen hatte. Das Buch des Propheten Hesekiel läuft zu auf eine große Verheißung eines erneuerten Israels, eines neuen Jerusalems und einer neuen, endzeitlichen Verteilung des Landes Israels. Da heißt es: „Und ihr sollt dies Land austeilen unter die Stämme Israels … und sollt die Fremdlinge, die bei euch wohnen und Kinder unter euch zeugen, halten wie die Einheimischen unter den Israeliten; mit euch sollen sie ihren Erbbesitz erhalten unter den Stämmen Israels, und ihr sollt ihnen ihren Anteil am Land geben, … spricht Gott, der Herr“ (Hes. 47, 21-23).

Die Palästinenser vertreiben oder schlechter behandeln als die jüdischen Bürger – das darf es also nach dem Wort Gottes nicht geben. Palästinenser sollen „wie Einheimische“ behandelt werden und Erbbesitz im Lande Israel bekommen. Der Staat Israel verfolgt aber schon seit seiner Gründung eine andere Linie. Er betreibt eine sogenannte „Judaisierung“ arabischen Landes im Kerngebiet Israels und eine aggressive Siedlungstätigkeit in den besetzten Gebieten. Eine von der israelischen Regierung im Mund geführte Zwei-Staaten-Lösung, eine Aufteilung des Landes in einen palästinensischen Staat und einen Staat Israel, ist deswegen wahrscheinlich gar nicht mehr möglich. Einen binationalen Staat, in dem Juden und Araber gleichberechtigt leben, will Israel aber auch nicht.

Wie kann es da zu einer Lösung des Israel-Palästina-Konfliktes kommen? Wie sollen Schritte zum Frieden gegangen werden, wenn noch nicht einmal theoretisch eine Lösung des Konfliktes als gewollt erscheint?

Die islamistische Palästinenser-Organisation Hamas im Gazastreifen versucht durch den völlig irrationalen Raketenabschuss zu demonstrieren, dass sie doch eine gewisse Macht hat. Die israelische Regierung reagiert über. Auf drei getötete zivile Israelis antwortet Israel mit der Tötung von fast 1 900 Palästinensern, davon 447 Kinder. Mit wem will Israel einmal Frieden schließen? Müsste sich Israel nicht mit den Friedenswilligen auf der Seite der Palästinenser verbünden – doch es gibt sie! – und eine machbare Lösung vorschlagen?

Das prophetische Wort ist hier realistischer als die Realpolitik der Gegenwart. Ohne eine Lösung der Palästinenserfrage wird es auch keine Zukunft für Israel geben. Allerdings werden auch die Palästinenser ohne Zukunftssicherung für Israel keine realistische Hoffnung entwickeln können. Leider sind wir von beidem weit entfernt. Doch als Christen haben wir die Macht des Gebetes und sollten die Suche nach einer Friedenslösung für den Israel-Palästina-Konflikt zu unserem steten Gebetsanliegen machen.

Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 34/2014