Benefizkonzert in Trenter Wegekirche Eckhard Bode - Und immer wieder zieht es ihn nach Trent

Von Christine Senkbeil

Die Wegekirche St. Katharinen in Trent auf der Insel Rügen erhielt im Mai 2016 zwei neue Glocken. Nun wird für die barocke Holzempore gesammelt.

Foto: Wikimedia Commons

30.09.2016 · Insel Rügen. „Es ist meine alte Heimat“, sagt Eckhard Bode auf die Frage, warum er sich so für die Trenter Kirche engagiert. So manches Projekt hier machte er möglich. Am 3. Oktober folgt das nächste Großereignis: das inzwischen vierte Benefizkonzert mit Chor und Orchester Reinfeld. Der Transportunternehmer war 10, als er sein Heimatdorf Vaschvitz bei Trent verlassen musste. Doch seit 40 Jahren kommt er regelmäßig zurück.

Gluckselige Umstande waren es eigentlich nicht, die zu dieser Freundschaft zwischen den Trentern und den Reinfeldern geführt haben. Denn sie beginnt mit der lebensgefährlichen Flucht einer vierköpfigen Familie aus Trent – unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg. Doch sie endet im Heute, oder, sagen wir, sie wird in jedem Jahr ein Stück weitererzählt, wenn zwei Busse mit 60 Chorsängern und 30 Orchestermusikern aus Reinfeld bei Lübeck aufbrechen, um den kleinen Ort auf Rügen zu besuchen und um ein Konzert zu geben.

Am 3. Oktober wird es diesmal so weit sein: In der Wegekirche führen der Reinfelder Kammerchor und das Orchester unter Leitung von Detlev Andresen Haydns „Schöpfung“ auf. Doch zurück zum Anfang. Bei Eckhard Bode laufen die Faden zusammen. Der Reinfelder Transportunternehmer hat seine erstes Lebensjahrzehnt in Vaschvitz/Wittower Fähre verbracht, vier Kilometer entfernt von Trent, auf dem elterlichen Bauernhof. Seine Eltern waren 1935 als holsteinische Siedler nach Rügen gekommen, hatten sich als Bauern mit 24 Hektar Acker und zehn Hektar Kirchenland eine Existenz aufgebaut.

Flucht über Friedland nach Reinfeld

Sein Vater war seit 1939 im Krieg. Als er 1945 aus der Gefangenschaft kam, hatten die Russen Haus und Hof „kalt enteignet“, wie er sagt und die Familie stand auf der Liste derer, die in den Uralbergbau geschickt werden sollten. Durch freundschaftliche Verbindungen der Mutter gelang es den Vieren über Umwege, mit einem Küstenmotorschiff nach Stralsund zu kommen – und weiter mit dem Zug nach Berlin.

An die Umstände dieser Flucht erinnert sich der heute 80-Jahrige sehr lebendig. Wie die Familie in Berlin getrennt wurde: der Vater ihnen „Anhalter Bahnhof“ zubrüllte, und sie sich eben dort tatsachlich wiederfanden. Wie die Russen alle Männer, auch ihn, den 10-Jahrigen, aus dem Zug holten, damit sie einen Viehtransport begleiten sollten, wie sie sich immer wieder versteckten. Zwei Wochen dauerte die abenteuerliche Flucht über Friedland bis Reinfeld im Norden, wo die Familie Wurzeln hatte und sich niederlies.

Freundschaften entstanden wieder

1954-57 lernte Eckhard Bode, wurde kaufmännischer Transportunternehmer und stieg beim Vater ein. Erst zwei, dann vier Lastkraftwagen hatte ihr Betrieb, das Unternehmen wuchs. „1976 wurde es durch den Grundlagenvertrag mit der DDR möglich, auch ohne Verwandtschaft und nur auf Einladung in die DDR zu fahren“, erzählt er. Seitdem fahrt er jährlich in die alte Heimat. Schulfreund Gunther Hensel lud ihn damals ein, er war inzwischen Schmied. Vielen der alten Freunde jedoch war durch ihren Beruf der Umgang mit Westdeutschen verboten. „Gerade zwei meiner Schulkameraden durfte ich im ersten Jahr sehen“, sagt er.

Dennoch entstanden Freundschaften wieder. Seine Frau kam mal mit, die Tochter. Im Wendejahr trommelte Bode einen Reisebus mit Freunden aus Reinfeld zusammen. Gern erinnert er sich an den Himmelfahrtstag, an dem sie so schön feierten, dass es „um Mitternacht im ganzen Dorf keinen einzigen Schnaps mehr gab“. Wenn er an die Zeit zurückdenkt, in der es um die Rückübertragung ihres Besitzes ging, da kommen Bode doch noch ein paar Sorgenfalten auf die Stirn. „Was wir da erlebt haben, war bitterbose!“, sagt er. Besonders die Eltern litten daran. Auf das inzwischen von einer Familie bewohnte Haus verzichteten sie, aber ihre Antrage auf Rückübertragung der Acker wurden immer wieder abgelehnt.

Nach manchen Querelen durften sie das Land zumindest zurückkaufen. Für seine Eltern ein festlicher Tag. „Wir haben sie den ganzen Tag gar nicht zu Gesicht bekommen, sie liefen wie ein junges Ehepaar Hand in Hand die ganzen Stätten ihrer jungen Ehe ab“, sagt er. „Das war berührend.“ 103 Jahre wurde sein Vater alt, vor drei Jahren erst starb er.

Pastor Holz: "Wie ein ruhiger Fels“

Seinen eigenen 70. Geburtstag feierte Bode ebenfalls im geliebten Trent – mit Andacht in der Kirche. Für Pastor Martin Holz ist Manfred Bode wie ein „ruhiger Fels“, der „immer einen guten Kurs steuert, Menschen zusammenfuhrt, Kontakte knüpft und Projekte startet“. Denn die Kirche hat einige ihrer großen Projekte, so die Beleuchtung oder auch große Teile der Glockenspende, dem Mann aus Reinfeld zu verdanken. Darum war es ein Anliegen, dass sich zum 80. Geburtstag kürzlich ein ganzer Bus aus der Gemeinde Trent zur Feier in Reinfeld aufmachte.

Die Verbindung zum Reinfelder Chor kam ebenfalls vor einigen Jahren hinzu, die Musiker kommen gern hierher. Man kennt sich inzwischen. Bode kümmert sich um Busfahrten und Übernachtungsplatze. Außerdem unterstutzt er Jugendfeuerwehr und –fußball sowie die Kinderkrippe „Seepferdchen“. Warum? „Es ist meine Heimat“, sagt er.

Am 3. Oktober nun zum Konzert ist außerdem noch SPD-Politiker Manfred Stolpe dabei und wird als Ehrengast zur deutschen Einheit sprechen. Stolpe und Bode kennen sich aus „Speditionszeiten“, als es um die Einführung der Maut ging. „Wir sind beide Stiere und beide 80“, sagt Bode. „Und wir sind beide aus Pommern.“

Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 40/2016


Info zum Benefizkonzert

Das Benefizkonzert startet am 3. Oktober, 17 Uhr in der St. Katharinen Kirche Trent. Reinfelder Kammerchor und Orchester führen „Die Schöpfung“ von Joseph Haydn auf. Als Ehrengast spricht SPD-Politiker Manfred Stolpe zum Tag der deutschen Einheit. Der Eintritt ist frei. Es wird um Spenden für die dringend notwendige Restaurierung der barocken Holzempore in der Trenter Kirche gebeten.