Arbeit mit Frauen in den Kirchenkreisen Mecklenburg und PommernAndacht - Archiv


Advent 2022Wo bleibst du Trost der ganzen Welt?

Die Advents- und Weihnachtszeit steht vor der Tür. Immer noch beschäftigt uns die Corona-Pandemie.

 

Seit dem 24. Februar brennt im Foyer des Ev. Altenzentrums der Stiftung Stralsunder Schwestern-heimathaus eine Friedenskerze und ruft zum Innehalten und Beten auf. Wir müssen mit dem für uns geographisch nahen Krieg in der Ukraine leben. Seine Folgen reichen inzwischen spürbar in unser Leben hinein: mit steigenden Lebenshaltungskosten und dem Sorgen, ob wir mit den angelegten Gasvorräten warm durch den Winter kommen werden. Dann sind da noch der Klimawandel mit dramatischen Wetterkapriolen und die wöchentlichen Proteste und Demonstrationen, die  unsere Gesellschaft zu spalten drohen.

 

Und schließlich hat jede*r noch persönliche Sorgen, erlebt Krankheit und Trauer, Angst und Verzweiflung. Zurzeit stürzt viel auf uns ein, wird uns viel zugemutet und der Blick in die Tagespresse lässt mache*n fragen:

 

Wo bleibst du Trost der ganzen Welt?!

 

Genau diese Frage hat vor  zirka 2500 Jahren das Volk Israel, in Verbannung und fern der Heimat lebend, in Babylon gestellt. Als sie dringend Trost brauchten, erhebt der Prophet Jesaja seine Stimme, klagt und schreit nach Gerechtigkeit und Frieden für sein Volk, und spricht vom Beginn einer neuen Zeit, einer Zeit der Erlösung und der Gnade, einer Zeit, in der Gott zu seinem Volk kommen und es trösten wird. (Siehe Jesaja 40,1-5)

 

Das Volk Israel soll Gottes Kommen vorbereiten und in der Wüste einen ebenen Weg anlegen. So kann Gottes Ankommen für alle sichtbar werden -  keine Hügel, keine Täler, keine Unebenheiten versperren den Blick auf Gottes tröstendes Antlitz.

 

Im Advent bereiten wir uns auf Gottes Ankunft vor. Mit der Geburt seines Sohnes schickt Gott seinen ganzen Trost in die Welt. Gott zeigt sich uns als Schenkender, als Gebender und Vergebender.

 

WO bleibst du Trost der ganzen Welt,

darauf  sie all ihr Hoffnung stellt?

O komm, ach komm vom höchsten Saal, komm, tröst uns hier im Jammertal.

 

Trost macht Mut.

Trost bringt Hoffnung und Leben zurück.

Trost verändert und setzt in Bewegung.

Als Getröstete werden wir selber zu Tröstenden.

Gott kommt, uns zu trösten, damit auch wir trösten können.

 

Als Friedrich Spee dieses Lied, das im Ev. Gesangbuch unter der Nr. 7 steht, schrieb, wütete der Dreißigjährige Krieg. Die Not der Menschen war unbeschreiblich. Die Worte, die Spee fand, sind der Situation entsprechend, gewaltig.  Sie sind ungestüm und drängend. Diese Worte drücken nicht einen frommen Wunsch oder eine vorsichtige Bitte aus, sondern eine ganz massive Forderung: Gott, mach hinne, beeil dich und komm endlich!

 

 „Wo bleibst du Trost der ganzen Welt?“ mit diesen Worten hat das Volk Israel das Herz Gottes bewegt. Mit diesen Worten wollen auch wir Gottes Herz anrühren, dass er uns seinen Trost erfahren lässt und wir dadurch andern zum Trost werden.

 

Wir feiern Advent, weil uns die Hoffnung blüht inmitten aller Ängste.

Wir feiern Weihnachten, weil uns inmitten aller Nächte ein Licht scheint.

Wir feiern, dass Gott immer ankommt, gestern, heute und morgen, durch alle Ängste und Nächte hindurch.

So war es und so ist es und so möge es bleiben.

 

Ich wünsche Ihnen

einegesegnete, fröhliche Advents- und Weihnachtszeit.

Bleiben und seien Sie

von Gottes Trost umgeben und werden Sie anderen ein*e Tröster*in

 

Ihre

Petra Zulauf

 

Oberin der Schwesternschaft der Evangelischen Frauenhilfe Potsdam-Stralsund in der UEK e.V.


Juli 2022Sommer - Garten Eden, eine Annäherung?

 

Es ist der 21. Juni und ein herrlicher Sommerabend. Die rahmweißen Blüten der Ramblerrose 'Lykkefund' scheinen in ihren großen Büscheln prächtig wie nie zuvor. Ein betörendes Duftgemisch weht mir im Innenhof entgegen.


Über den Garten Eden wolle ich diesmal die Andacht schreiben, hatte ich zu einer Freundin gesagt. Da hätten doch sicher die Gärten von Babylon den Alten vor Augen gestanden. Das kann ich mir gut vorstellen. Die aufwendige Gartenanlage in Babylon am Euphrat zählt zu den sieben Weltwundern der Antike. „Hängende Gärten“, Falko Behrendt hat vor einigen Jahren eine Reihe von Farbradierungen mit diesem Titel angefertigt, sehr schöne Arbeiten sind das.


Häuser bauen, Gärten anlegen und beides genießen können, das seien biblische Bilder des Friedens (Ulrike Bechmann/WGT-Material). Die Menschen, die damals in Kanaan gelebt hatten und ins Exil nach Babylon verschleppt wurden, kannten sicherlich nicht so prächtige Gartenanlagen, wie die, die sie dort zu sehen bekamen.


In den Bibelversen des Gottesdienstes zum diesjährigen Frauensonntag aus Jesaja 35 beginnen Wüste und Steppe zu blühen. Hier geht es mehr um Gottesbegegnung und um Gottes Erscheinen - Blühen, Aufblühen als Metapher.


Karl Foerster (1874-1970) ist wahrscheinlich jeder Gartenfreundin ein Begriff. Er beschreibt in einem seiner zahlreichen Bücher, was ihn dazu bewegt, immer wieder sein Wissen um die Kunst des Gärtners mitzuteilen: „Ein tiefes Bedürfnis wartet darauf, Widerhall zu finden – innerste Fühlung mit dem Wollen und Vollbringen unserer Gartenfreunde zu steigern und Anteil an ihrem Lebensfrohsinn zu nehmen.“ Von einem solchen Lebensfrohsinn bekomme ich gerade einiges mit. Denn von einer Frau aus der Greifswalder Ökumenischen Frauengruppe werden größere Vorbereitungen für das bevorstehende Sommerfest getroffen. Im örtlichen Gartenmarkt begegnet sie mir mit einem großen Sack Erde und strahlt mich an. Auch sie blüht auf. Das hat auch mit ihrem Mitwirken in der Initiative für Saatgutvielfalt, Humusaufbau und Lebensraum für Insekten, einem Projekt vom Frauenwerk der Nordkirche, zu tun.


Otto Bartning, der große Kirchenbaumeister, schreibt an seinen Freund Karl Foerster: „Immer hat es wohl Menschen gegeben,…, die in einer Sache ganz und sicher beheimatet sind, so wie Du in den Blumen, und von da aus das Ganze der Schöpfung greifen und begreifen.“
„… das Ganze der Schöpfung greifen und begreifen“, in diesen Worten schwingt so viel mit. Begreifen wir sie wirklich, die Schöpfung, muss es uns doch gelingen, unser Leben nach Kräften so auszurichten, dass wir das Mögliche tun, jetzt sofort, um die Bedrohungen durch Klimaveränderungen abzuwenden.


Möge uns das mit Gottes Hilfe in großer Zahl gelingen - dürfen wir doch den Garten Eden als Vorahnung im Blühen um uns herum gerade in reichlicher Fülle erleben.

 

Antje Heinrich-Sellering


Mai 2022Maria

„Reden ist Silber, Schweigen ist Gold“ – sagt man. Und oft genug stimmt es auch. Wer das Schweigen zu schätzen weiß, kennt auch den Wert von Worten. Es gibt Situationen, in denen unser Schweigen mehr aussagt als Worte. Dazu fällt mir eine länger zurückliegende Begebenheit ein. In einer evangelischen Tagungsstätte betreute eine Hausgemeinde die Gäste. Diese Hausgemeinde bestand aus etwa zehn jungen Leuten, die dort auf Zeit zusammenlebten. Sie pflegten das Haus, kümmerten sich um die Gäste und luden am Abend zur Andacht in die Dorfkirche ein. Die Kurzpredigt wurde jeweils von einem Mitglied der Hausgemeinschaft gehalten.

 

Wir nahmen als eine Gruppe von Pastorinnen und Pastoren eines Abends an der Andacht teil. Die junge Frau, die für die Kurzpredigt eingeteilt war, begann mit den Worten: „Mir ist beim besten Willen heute zu diesem Bibeltext nichts eingefallen. Also werde ich schweigen.“ Und dann sagte sie mit einem Lächeln: „Manchmal glaube ich, dass wir viel öfter schweigen sollten.“ Wir Pastoren wurden sehr nachdenklich und wir schwiegen. Ich musste spontan an Maria denken. Gott hatte ihr eine große Verheißung gegeben. Aber sie antwortete nur: „Mir geschehe, wie du gesagt hast“ und dann schwieg sie. Maria war in erster Linie eine Hörende. Erst in der Begegnung mit Elisabeth kam ein Lobgesang über ihre Lippen. Denn jetzt hatte sie wirklich etwas zu sagen: sie hatte erfahren, dass Gott große Dinge wirkt, wo sie selbst doch gering und unscheinbar gewesen war. Sie hatte erfahren, dass Gott einer ist, der erhöht, was niedrig ist, der erniedrigt, was hoch ist, der zerbricht, was gemacht ist und heil machen kann, was zerbrochen ist. Auf dem Gemälde von Antonello da Messina um 1475  sehen wir Maria mit einer zarten Geste der Abwehr, als ob sie sagen würde: „Genug der Worte.“ Und später heißt es: „Maria behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen.“ Wie macht man das, Worte in seinem Herzen bewegen? Vielleicht reden wir zu oft über das, was wir von Gott denken, als über das, was wir von Gott erfahren haben.

 

Im Buch der Sprüche (Spr 31,8) heißt es: Öffne deinen Mund für den Stummen, für das Recht aller Schwachen. Dieser Spruch legt nun den Schwerpunkt auf das Reden, und zwar stellvertretend dort, wo Menschen keine Stimme haben, die nicht gehört werden, die im Schatten stehen. Zum Reden berufen – das war seit je her die Aufgabe der Prophetinnen und Propheten, Heilige Männer und Frauen, Kirchenväter. Sie haben auf soziale Ungerechtigkeiten hingewiesen, Benachteiligungen, Ungleichbehandlung; sie haben damit oftmals den Finger in die Wunde gelegt und sich selber das Leben nicht leicht gemacht. Zum Reden berufen – sind auch wir als Christen! Wir sind aufgefordert, wach durchs Leben zu gehen, sensibel zu sein für diejenigen, die unverschuldet durch Krieg und Gewalt ihre Heimat verloren haben oder am Rande der Gesellschaft stehen. Wir sind angehalten, den Mund aufzutun, wenn wir Ungerechtigkeiten spüren. So sind uns die Prophetinnen und Kirchenväter bis heute ein Vorbild in ihrem Engagement.

Die orthodoxen Kirchen verehren durch die Ikonografie diese Vorbilder des Glaubens. In einem griechisch-orthodoxen Kloster, am Fuße des Olymps, fand ich eine berufene Ikonenmalerin.

 

Als hölzerne Tafelbilder stehen die Heiligengestalten an der Klostermauer zum Verkauf angelehnt – wunderschön aufgereiht, farbenprächtig und gold-glänzend ausgestaltet. Sie sehen uns an, schweigend und doch redend; tröstlich, Mut machend und ermahnend.

 

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold – es liegt an uns, zu erspüren, wann die rechte Zeit ist zum Reden und wann es besser ist, zu Schweigen. Möge Gott uns die Weisheit schenken, die richtige Entscheidung zu treffen und dann das Passende zu tun.

 

Eine gute Zeit und bleiben Sie behütet,

 

Ihre Pastorin Ulrike Weber, Anklam


Januar 2022Gedanken zur Jahreslosung 2022

Jesus Christus spricht: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.
(Einheitsübersetzung)

 

Mal ehrlich, wie geht es Ihnen, wenn SIE vor einer Tür stehen an deren Griff ein Schild mit der Aufschrift: Geschlossene Gesellschaft! baumelt?
Man muss draußen vor der Tür bleiben, fühlt sich ausgeschlossen und weiß, dass man nicht willkommen ist.
Nun stellen Sie sich bitte folgende Szene vor: SIE sind auf der anderen Seite, im Festsaal, schauen aus dem Fenster und sehen in die Gesichter auf diesem Bild.
Mal ehrlich, wenn Sie die Wahl hätten, wem würden Sie die Tür öffnen? Mit wem würden Sie sich an einen Tisch setzen?
Lassen Sie sich in Ihrem Nachdenken nicht durch Äußerlichkeiten oder schräges Erscheinen abschrecken, denn irgendwie sind die Dargestellten ja allesamt „bunte Vögel“ – oder?
Die Karte zur Jahreslosung 2022, herausgegeben von den Evangelischen Frauen in Deutschland, provoziert bewusst und will die Gedanken der Betrachterin, des Betrachters zum Kern der Botschaft führen: Alle, die zu mir kommen, werde ich nicht abweisen. So eine andere Übersetzung des Verses aus Johannes 6, 37.
    
Jesus sagt diesen Satz, nachdem er fünftausend Menschen mit fünf Broten und zwei Fischen satt gemacht hat. Ein Wunder ist geschehen! Ein Wunder, das den Magen der Menschen erreicht hat und ihre Seelen. Ein Wunder, das zeigt, was die Begegnung mit dem zu Glauben und Gemeinschaft einladenden Jesus möglich macht, nämlich: dazu zu gehören, mit dabei zu sein, ein Teil vom Ganzen zu sein und Anteil am Leben zu haben.
Jesus selbst lebt uns vor, dass bei Gott jede*r willkommen ist: der Zöllner und die Ehebrecherin, der Blinde und die Andersgläubige, Hungrige und Durstige, Überzeugte und Ungläubige, Kinder und wieder nach Hause findende Söhne ...
Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie zu Jesus kommen oder sich von ihm finden lassen wollen, weil sie spüren, dass von ihm eine besondere Lebenskraft ausgeht.
Gerade im Johannesevangelium lesen wir von Menschen auf der Suche nach gutem, wahrem, ewigem Leben.


Jesus Christus spricht: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.
Bestimmt haben Sie mehr als ein Mal erlebt, dass Ihnen jemand die Tür vor der Nase zugeschlagen hat, Sie zurechtgewiesen oder Ihr Anliegen abgewiesen oder Sie von Ihrem Gegenüber wie Luft behandelt  wurden.
Bei Jesus geht es anders zu: Wenn du zu mir kommst, werde ich für dich da sein und mich auf dich einlassen, wie eine offene Tür. Gottessohn, begegnet mir auf Augenhöhe und nicht von oben herab, wie mancher Mitmensch. Diese feste Zusage gibt Jesus allen, die zu ihm kommen. Wir müssen uns also auf den Weg zu ihm machen, den ersten Schritt wagen und Kontakt aufnehmen. Wir sollen aktiv werden und nicht abwarten, bis etwas passiert oder jemand auf uns zukommt. Wenn wir zu Jesus kommen, nimmt er uns mit offenen Armen auf und heißt uns willkommen. Jesus zeigt uns und lebt uns vor, dass bei Gott ausnahmslos alle willkommen sind. Gott will, dass keine und keiner verloren geht. Mit Jesu Leben, Sterben und Auferstehen hat das uns verheißene, kommende Gottesreich bereits hier und jetzt begonnen.
Gott ist da, ist mitten unter uns und lädt durch seinen Sohn Jesus alle ein, zu ihm zu kommen. Den bunten schrägen Vogel mit gesenktem Kopf genauso wie den mit dem gezwirbelten Bart oder die, mit Tränen in den Augen oder mit der kecken Frisur oder den, mit dem gleichgültig leeren Blick oder die, mit dem selbstsicheren Grinsen, oder den, der sich hinter anderen versteckt und nur halb zu sehen ist!
 
Jesus Christus spricht: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.
Jede*r kann kommen.
Keinem wird die Tür vor der Nase zugeknallt.
Keine wird fortgeschickt.
Keiner bekommt einen Korb und keine die kalte Schulter gezeigt.
Keiner wird abgewimmelt.
Keine wird vor die Tür gesetzt.
Keiner muss draußen bleiben.
Bei Jesus gibt es kein Zurückdrängen, keinen Pushback – Pushback ist übrigens am 12. Januar zum Unwort des Jahres 2021 gekürt worden!  
Jesus lädt uns ein. Darauf können uns verlassen!

 

Mit dieser hoffnungsfrohen und verheißungsvollen Aussicht der Jahreslosung 2022 wünsche ich Ihnen reichlich offene Türen, auf die Sie getrost und zuversichtlich zugehen.


Ihre Schwester Petra Zulauf
Oberin der Schwesternschaft der Evangelischen Frauenhilfe Potsdam-Stralsund in der UEK e.V.


Dezember 2021Von der Zuckerstange und ihrer Bedeutung

Amalia Eriksson, auch „Tante Amalia“, genannt, soll die Zuckerstange erfunden haben. Sie lebte Mitte des 19. Jahrhunderts, als alleinerziehende Mutter im schwedischen Städtchen Gränna am Vättern-See. Witwenrente gab es damals noch nicht und sie musste sich etwas einfallen lassen, um sich und ihre Tochter „durchzubringen“. Um Geld zu verdienen, stellte Amalia in ihrer Küche verschiedene Bonbons her, die sie auf Veranstaltungen und Märkten verkaufte.

Ihr Sortiment umfasste auch die heute noch bekannten Zuckerstangen, die im Schwedischen Polkagris heißen. Damals war es Frauen gesetzlich verboten, Waren herzustellen und diese zu verkaufen. Doch „Tante Amalia“ wandte sich nach „ganz oben“. Der schwedische König erteilte ihr eine Ausnahmegenehmigung. Von da an durfte Amalia die Zuckerstangen offiziell produzieren und verkaufen. Im Stadtpark von Gränna erinnert noch heute eine Bronzestatue diese ganz besondere Frau.

 

Glaubt man einer anderen Überlieferung, entstanden die Zuckerstangen aufgrund einer Idee des Leiters des Kölner Domchores um das Jahr 1670. Er ärgerte sich angeblich über zu laute Kinder während des weihnachtlichen Krippenspiels. Um die kleinen Zappelgeister ruhig zu stellen, ließ er Süßigkeiten verteilen. Die waren in der Kirche jedoch nicht erlaubt. Der  Chorleiter beauftragte einen Kölner Zuckerbäcker mit der Herstellung gebogener Bonbons. Diese verteilte er an die Kinder.

 

Zur Beruhigung der Kirchenoberen erhielten die Zuckerstangen die Form eines „J“ und erinnerten so an den Hirtenstab, der als heiliges Symbol galt und gilt. Die weiße Farbe steht für Jesu Reinheit. Die roten Linien symbolisieren seinen Leidensweg und sein Blut.

 

Mittels schwedischer Auswanderer*innen kam die Zuckerstange nach Amerika. Dort heißen sie Candy Canes und sind eine Tradition, die bis heute intensiv gelebt wird. Eine erste schriftliche Erwähnung eines Zuckerstangenrezepts ist auf das Jahr 1844 datiert. Damals war die Stange allerdings gerade, ohne den typischen Henkel bzw. Haken. Seit zirka 1874 werden die Zuckerstangen mit dem Weihnachtsfest in Verbindung gebracht. Um das Jahr 1882 etablierten sie sich auch als typischer Weihnachtsbaumschmuck. Besonders gefeiert wird der 26. Dezember, der National Candy Cane Day heißt und offizieller Nationalfeiertag ist.

 

Wer auch immer die Zuckerstange erfunden hat und auf welchen Wegen sie verbreitet wurde, sie ist ein Symbol für die Weihnachtsbotschaft: Sie ist süß, wie die Botschaft, die der Engel den Hirten verkündet: „Siehe, ich verkündige euch große Freude, die aller Welt widerfahren soll!“ Sie hat die Form eines J für Jesus. Anders herum gehalten, hat sie die Form eines Hirtenstabes. Die ersten, die die froheBotschaft hörten und sich freuten waren die Hirten. Und schließlich sagt Jesus von sich selbst: „Ich bin der gute Hirte“.

 

Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes, köstliches, fröhliches und friedliches Weihnachtsfest 2021.  

 

Petra Zulauf

Oberin der Schwesternschaft der Evangelischen Frauenhilfe Potsdam-Stralsund in der UEK e.V.


Juni 2021"Gott gab uns Atem, damit wir leben."

Liebe Schwestern, Freundinnen und Freunde der Arbeit mit Frauen,

mit dem Atmen fängt es an, beim Kind, das auf die Welt kommt und den ersten Atemzug tut. Und mit dem Atmen hört unser Leben auf, wenn wir den letzten Atemzug getan haben.

Das Atmen ist uns so selbstverständlich, dass wir gar nicht darüber nachdenken. Ob wir sitzen und hören, ob wir gehen oder uns anstrengen, ob wir wachen oder schlafen, immer atmen wir.

Und wir tun es unwillkürlich und unablässig. Immer nehmen wir etwas auf von der Welt und geben es dann wieder ab. Unser Atem ist die erste Brücke zwischen uns und unserer Welt.

Aufmerksam werden wir immer erst dann, wenn etwas nicht klappt, wenn uns die Puste wegbleibt, wenn jemand uns die Luft abdrückt, wenn wir schwer über etwas seufzen. Oder auch, wenn wir mal wieder so richtig durchatmen können, wenn wir tief Luft holen. Wenn wir im Stress und unter Anspannung zu flach atmen oder ungesunde Luft einatmen, fühlen wir uns nach kurzer Zeit unwohl, beengt, müde, bedrückt.

Beides also, die Atemnot und der befreiende Seufzer, beides können wir mit unserer ganzen Person spüren, mit unserem Körper, - das geht untrennbar ineinander über.

„Gott gab uns Atem, damit wir leben“ – das ist das Geschenk, das uns von früh bis spät begleitet, vom Anfang bis zum Ende unseres Lebens.

Ich glaube, dass es darauf ankommt, sich immer wieder auf diesen Atem zu besinnen, von dem wir leben. Sich zu erinnern an der Pulsschlag der Schöpfung, den nicht wir machen, aber von dem wir doch abhängig sind. Grenzen respektieren lernen, unsere eigenen menschlichen Grenzen und auch die der Natur. Damit auch die Natur wieder Atem holen kann.

Zum Grenzen respektieren gehört auch warten lernen – warten auf das, was Zeit braucht, um zu werden, um wachsen zu können, um zu reifen. Gott hat allem Leben seinen Rhythmus eingestiftet. In allem, was lebt, wohnt ein Hauch des Göttlichen. Nehmen wir diesen Hauch, diesen Schöpfungsatem in Acht, damit wir leben und die Schöpfung leben kann!

Die Dichterin Ute Latendorf hat diesen Gedanken wunderbar für sich durchbuchstabiert:

 

Ich schreib euch mal, wofür ich lebe,

ich sag euch mal, was ich zum Leben brauch:

Von Zeit zu Zeit den Anblick weiter Felder

und den Geruch von Erde und von Rauch,

den hohen blauen Himmel und die Sterne,

dass ich bescheiden werde und mich fügen lerne.

Ich brauche Kinderarme, die mich fest umschließen,

und manchmal Tränen, die aus meinen Augen fließen,

Ich liebe schöne, farbenfrohe Bilder, Gedichte, Lieder, Sinfonien,

damit die trüben Stimmungen aus meiner unruhvollen Seele fliehen.

Ich brauche Ruhe, Stille und oft eine Atempause,

dann Aufbruch, Fortgeh´n und die Wiederkehr nach Hause.

Und Stunden liebevoller Nähe mit Menschen, die mir wichtig sind,

und dass ich auch die alten Freunde auf meinem Wege wiederfind.

So ist mein Leben,

und so geh ich suchend durch die Tage

und hoffe immer, dass ein guter Engel

mich sanft auf Schwingen bis ans Ende trage.

 

Einen gesegneten Sommer!

Pastorin Ulrike Weber

Ausschuss für die Arbeit mit Frauen im Sprengel Mecklenburg und Pommern


April 2021Gedanken zur Jahreslosung 2021

Jesus Christus spricht:
Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist!   Lukas 6,36

 

Das Frühjahr ist schon da – wir wollten den ersten Abend unserer Ökumenischen Frauengruppe im Januar mit der Jahreslosung beginnen: „Jesus Christus spricht: Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist!“ aus Lukas 6,36. Ein Zusammenkommen zum gemeinsamen Gespräch ist uns leider bisher nicht gelungen. Wir haben einige Gedanken zusammengetragen und den Frauen zukommen lassen. In der Ungewissheit dieser Zeit  kann die Losung ein guter Begleiter sein.


Das Jesuswort, vom Evangelisten Lukas in der Feldpredigt berichtet, spricht von unserem Leben als einem Beziehungsgeschehen. Wir sind als Menschen aufeinander angewiesen. Deutlich wird dies schon in den ersten Lebenstagen eines Menschen, ein Kind ist auf die Fürsorge anderer angewiesen. Wenn das Mutter und Vater sind, die sich ihm in Liebe zuwenden, ist schon viel für ein gelingendes Leben gegeben.


>Seid barmherzig< werden wir mit der Jahreslosung aufgefordert. Was aber bedeutet dieses altehrwürdige Wort? Vom Hebräischen her, der alten Sprache der Bibel, bedeutet es: “Sein im Schoß/Mutterschoß“. Jesus spricht vom göttlichen Vater, der barmherzig ist. Die elterliche Fürsorge ist benannt, Mutter und Vater sind in den Worten der Jahreslosung zu finden.


Mit der Übersetzung des Ausdrucks aus alter biblischer Sprache kommt das Wort >barmherzig< näher. Im  Mütterlichen  darin klingt Geborgenheit an. Wenn ein Kind Trost braucht, wenn es zu viel wird für das Kind, birgt es sich im Schoß der Mutter. Es findet zu sich und dann kann es wieder losgehen in die Welt.  


Eine andere  Annäherung  zu  dem ungewöhnlichen, manchem ungewohnt und sperrig klingendem Wort, beschrieb die Pastorin im Dom. Barmherzig sei es, wenn die Sternsinger zu Epiphanias singend von Haustür zu Haustür zögen, ebenso wie es die weltweite solidarische Weltgebetstagsgemeinde sei.


In Kirche, im Gottesdienst geht es immer auch um das prophetische und ethische Zeugnis, das  Bekenntnis. Das Bekenntnis  hat  Auswirkungen in die Gesellschaft hinein. So ist das informierte Beten der Weltgebetstagsgemeinde für ein gerechteres Leben  in diesem Sinn ethisch und prophetisch. Unser Gebet ist nachdrücklich für die prophetische Erfüllung, es muss nicht eine Hoffnung für eine ferne Zukunft sein. Wir bekennen und glauben an positive Veränderungen zugunsten von benachteiligten Frauen in der weltweiten Gesellschaft. Unsere Gabe, die Kollekte, ist Teil tätigen Handelns. Sie  unterstützt hilfreiche Projekte. Sie fragt nicht nach einer Gegenleistung.


Einen weiten Bedeutungsraum des Wortes Barmherzigkeit erschließt sich in einem Gedicht mit der Überschrift >Licht im Kloster Vadstena< von der Heiligen Birgitta von Schweden, die im  14. Jahrhundert gelebt hat:
Die Finsternis
der Erde
ist vertrieben
und alle Himmel sind erleuchtet
wie die Wärme
von der Sonne
ausgeht, so ist
Barmherzigkeit.
Barmherzigkeit, eine mütterliche Eigenschaft, die nicht aufrechnet, vertreibt Finsternis. Wärme geht von ihr aus. Von der Zusicherung, den Worten „wie auch euer Vater barmherzig ist“ kann ich mich von Gottes warmem Wesen aufgenommen fühlen. Von hier aus gibt es mir die Kraft und den Mut, barmherzig zu handeln.
 „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist“- das Bild Gottes als Vater mit mütterlicher Wärme und Liebe ermutigt, die Müdigkeit, das Dunkle sein zu lassen, als Vorübergehendes zu betrachten, sich getröstet zu sammeln und so gestärkt mitten im Leben zu sein.

 

Antje Heinrich-Sellering
Ausschuss für die Arbeit mit Frauen im Sprengel Mecklenburg und Pommern


Februar – März 2021Weltgebetstag


Liebe Frauen und Freund*innen der Arbeit mit Frauen,

der Weltgebetstag führt uns in diesem Jahr in einen Inselstaat östlich von Australien – nach Vanuatu. Sie zählen zu den glücklichsten Menschen der Welt, heißt es. „Wir wurden nicht gefragt“, sagen die Frauen in Vanuatu dazu. Das lässt mich fragen: Wer stellte diese Fragen und an wen?

Der Weltgebetstag stellt das Land bewusst aus der Sicht von Frauen vor. Und das ergibt in Vanuatu ein anderes Bild. „Für Frauen ist Vanuatu das schlimmste Land der Welt“, sagt eine  Frauenaktivistin. Frauen sind für die Ernährung und die Erziehung allein verantwortlich, auch für hilfsbedürftige Angehörige und die Alten. Nachts verlangt der Mann seine „ehelichen Rechte“.
Ja, Vanuatu ist ein Paradies – für Männer.
Die Frauen in der Gottesdienstordnung erzählen ihre Geschichten. Da ist Rhetoh, die Tochter, die ihren Durst nach Bildung nicht gestillt bekam, weil sie Geld kostet und ihr älterer Bruder die Bildung bekam, die sie sich selbst gewünscht hatte. Da ist Mothy, die in der Familie hin- und hergeschoben wurde und schließlich ihr Essen auf der Straße suchen musste. Nicht einmal mehr ein Schlafplatz im Haus war für sie da. Und da ist Jacklynda. Sie verließ das Dorf, um im Tourismus eine Arbeitsstelle zu bekommen. Ohne Ausbildung lebt sie nun am Rande der Stadt ohne sichere Unterkunft und richtiges Essen. Dazu kommt die Pandemie, die zwar das Land durch geschlossene Grenzen fast verschont hat, doch der Tourismus brach erst einmal weg. So geht es nun vielen wie  Jacklynda.

Worauf bauen diese Frauen?  Worauf bauen wir? Das Thema dieses Weltgebetstages aus der Bergpredigt knüpft ursprünglich an die Klimabedingungen auf Vanuatu und deren Folgen an. Tropenstürme vernichten immer wieder grundlegende Lebensräume, Felder, Gärten, Häuser und fordern Todesopfer. Das Titelbild von Juliette Pita erzählt davon und stellt auch an uns, an mich,  wichtige Fragen. Wie gehe ich mit Bedrohungen um? Wo (be)schütze ich andere Menschen? Wer oder was gibt mir Halt? Was sind die Hintergrundfarben meines Lebens?
Die Frauen in der Weltgebetstagsordnung finden im Glauben an Gott den felsigen Grund, auf dem sie ihr Lebenshaus bauen in einem Land, wo ihre Stimme nicht befragt und gehört wird. Die Frauen haben sich nicht zurückgezogen, sondern schöpfen aus ihrem Glauben Kraft  und gestalten trotz widrigster Umstände ihr Leben.  Das Lied 8 der Gottesdienstordnung singt davon. „Eine Frau, die ganz auf Gott vertraut, die mit Zuversicht ihr Leben baut, die ist selbstbewusst, voll Lebensmut, fühlt von Liebe sich getragen. Sie wird standhaft bleiben, Zähne zeigen, mutig handeln ohne Furcht.“
Aber Widerstandsfähigkeit braucht auch Gemeinschaft und Teamgeist. Das hat sich Julia Mallas King beim Fußball abgeschaut. „Ich habe gelernt, dass man Erfolg nur haben kann, wenn man im Team spielt – und wenn man ermutigt wird.“  Darum steht sie auf und predigt in der „Haus-der-Zuflucht“-Pfingstgemeinde ihres Mannes zu den Frauen. Ihre Frauengottesdienste reden Klartext jenseits von Frauenrollen in- und außerhalb der Kirchen. Sie ermutigt ihre Zuhörerinnen zur gesellschaftlichen und politischen Mitverantwortung. Ihr Ansatz dabei lautet: Schaut nicht auf das, was ich bin, sondern auf das, was ihr seid.
Davon können auch wir Frauen hier in Europa lernen.
Was sind wir?
Wie sehen wir Frauen uns selbst?
Kennen wir unsere Stärken und setzen sie selbstbewusst ein?
Wo ermutigen wir uns gegenseitig?
Worauf bauen wir?

Lisianne Enderli ruft uns zu:

AUCH DU

Auch du
bist Prophetin
in dir
tanzt das Licht
und machtvoll
erklingt dein Lied

aus dir
singt der Traum
vom Sturz aller Täter
vom Aufstand aller Opfer
zur Freundschaft
zur Lebenslust

Auch du
bist Prophetin
ausgespannt
zwischen Himmel und Erde
in deinen Händen
liegt Licht und Wahrheit
und du erzählst
von Unrecht und Schmerz
und vom kommenden Leben
das leise
unaufhaltsam
unter uns Gestalt annimmt.

Christine Ziehe-Pfennigsdorf
Referentin für die Arbeit mit Frauen im Sprengel Mecklenburg und Pommern


Sommer 2020Die Muschel und der Fisch

Tief unten, am Grunde eines Sees, lebte einmal eine Muschel. Ihre Schalen waren dunkel wie der Grund des Sees. Man musste sehr genau hinsehen, um die Muschel nicht zu übersehen.
Die Muschel machte nichts aus sich. Sie war zufrieden, dazuliegen und zu staunen. Es gab viel zu bestaunen: dunkelgrüne Wasserpflanzen, eine große Zahl von Steinen, große, kleine, runde und kantige und verschiedenartige Fische.
Am besten gefielt der Muschel, wenn Vollmond war. Dann stand der Mond als runde Scheibe über dem Wasser, und das milde Mondlicht leuchtete hinab auf den Grund des Sees bis zu unserer Muschel. Die lag ganz still da und schaute und nahm das Licht in sich hinein, in ihr Inneres, in ihr Herz.
Eines Nachts, als der Himmel voller Sterne hing und der Mond rund und voll leuchtete kam ein Fisch zur Muschel geschwommen. Die Muschel lag da ganz ruhig und tat, was sie so gerne tat, lauschen und schauen. „Was machst du da?“ fragte der Fisch die Muschel. „Ich bin still“, antwortete die Muschel. „Wenn man still ist, beginnen die Dinge zu reden. Alles hat seine Sprache. Hörst du das Wasser, die Pflanzen, die Steine? Wenn man in Ruhe ist, fängst alles an zu leuchten an. Siehst du den Himmel, die Sterne, den gelben Mond?“ Der Fisch verstand davon nichts. „Die Dinge können nicht reden“, meinte er. „Was du siehst, ist nichts Besonderes. Still und ruhig und langweilig. Überhaupt bist du ein langweiliges Muscheltier. Bewegen muss man sich können, bewegen, so wie ich es kann.“ Verächtlich dreht er sich um und schwamm davon.
In dieser Nacht fuhr ein Fischer mit seinem Boot über den See. Er warf seine Netze aus. Dann wartete er in seinem Boot auf den Morgen. Als die Sonne aufging, waren die Netze voll und schwer. Der Fischer zog sie ins Boot. Vieles kam da ans Licht: Wasserpflanzen, Muscheln, Fische, Brauchbares und Unbrauchbares. Unter dem Fang waren auch unsere Muschel und der Fisch.
Der Fischer begann, sein Netz zu leeren. Fisch kam zu Fisch. Bald war das halbe Boot voller Fische. Dann holte der Fischer aus dem Netz, was sich sonst noch darin befand. Als er die dunkel-braune Muschel ergriff, öffnete er sie behutsam. Da staunte er. Noch nie hatte er so etwas Wunderbares gesehen. Die Innenseiten der Schalen glänzten wie Silber und es fand sich in der Muschel eine Perle, kostbar und schön.
Alles, was die Muschel tief unten auf dem Grund des Sees in Stille und Ruhe gelauscht, geschaut, was sie in ihr Herz aufgenommen hatte, war zu einem Schatz geworden. (nach Klaus Gräske)

Was für eine schlichte und gleichzeitig wahre Geschichte!
Fragen tun sich auf: Was muss in mir zur Ruhe kommen? Was will in mir reifen und wachsen? Welche Schätze trage ich in mir? Welche glänzenden und kostbaren Seiten habe ich? Was ist meine Perle?
Diese Geschichte habe ich in einem Kreis für geistig- und körperlich eingeschränkten Kindern erzählt, anschaulich mit einem Bodenbild aus Sand, Steinen und Muscheln. – Und als ich an der entsprechenden Stelle der Geschichte eine große Muschel umdrehte und eine Perle sichtbar wurde, staunten die Kinder mit „aaaah“ und „ooooh..“!
Und genau in diesem Augenblick schaute mich ein Junge an und rief: „Aber du hast ja auch eine!“
Ich hatte völlig vergessen, dass ich an diesem Tag meine Perlenohrringe trug. Und da baumelte ja tatsächlich so eine Perle an meinem Ohr, genauso eine, wie ich sie in die Muschel geklebt hatte!
Du hast ja auch so eine! Du hast ja auch so einen Schatz, wie ihn die Muschel in aller Ruhe und Beschaulichkeit und Staunen gebildet hat!
Mich hat dieser Satz des Jungen sehr getroffen und ich habe tagelang darüber nachgedacht. Ich und einen Schatz?
Dieser Junge hatte es mit seiner einfachen Feststellung geschafft, mich ins Nachdenken zu bringen, darüber, wer ich eigentlich bin, was ich kann, welche Begabungen ich habe und welche nicht, und was ich davon einbringen kann und was nicht. Und was letztendlich meine kostbare Perle ist.
Diese Fragen sind ja nicht neu, aber sie stellen sich immer wieder im Laufe des Lebens und verlieren nicht an Wichtigkeit. Was ist Ihre, was ist Deine kostbare Perle?

Um uns selbst zu erkennen, brauchen wir den anderen. Wir brauchen Menschen, groß oder klein, die uns unsere Begabungen und Möglichkeiten zusagen, die uns helfen, unsere Schätze zu entdecken. Wir brauchen Menschen, die uns unsere Begabungen glauben!
Und wir brauchen Gott, der sein „Ja und Amen“ über unser Menschenleben ausgesprochen hat, der sein Gütesiegel auf uns gelegt hat: „… und siehe, es war sehr gut.“
Im Unterricht habe ich mit den Kindern dann überlegt, was denn vergleichbar mit der Perle, in einem Menschen entstehen kann, durch Stille und Ruhe und Beschaulichkeit. Nach einigem Überlegen kam dann: Liebe, Freude, Frieden...
Ich war sprachlos! Da nannten mir die Kinder doch die Gaben des Heiligen Geistes aus dem Galaterbrief von Paulus! Dort steht: „Die Frucht aber des Geistes ist Liebe, Freude, Friede, Freundlichkeit, Güte und Treue.“ (Gal 5,22)
Und das möchte ich uns heute ins Gedächtnis rufen: Bleiben wir unseren Begabungen und Möglichkeiten auf der Spur, es lohnt sich!

Ihre Pastorin Ulrike Weber, Anklam


März 2020Du bist gewollt

Liebe Frauen!

In einem Lied heißt es:
Vergiss es nie: Dass du lebst, war keine eigene Idee,
und dass du atmest, kein Entschluss vor dir.
Vergiss es nie, dass du lebst, war eines anderen Idee,
und dass du atmest, sein Geschenk an dich.
Du bist gewollt, kein Kind des Zufalls,
keine Laune der Natur,
ganz egal, ob du dein Lebenslied in Moll singst oder Dur.
Du bist ein Gedanke Gottes, ein genialer noch dazu!


Man kann sich wundern, dass der Dichter des Liedes, Jürgen Werth, so anders vom Leben redet, als wir es so gemeinhin tun. Natürlich gehört es zu unserem christlichen Glaubensbekenntnis, Gott als Schöpferkraft zu bezeichnen. Aber dies dann so konkret auf sich selbst zu beziehen, fällt uns schwer. Wir wissen doch ganz genau, wie wir Menschen entstehen. Im extremen Fall ist die Zeugung ja fast schon ein technischer Vorgang, ein Wunder moderner ärztlicher Kunst. Und schon deshalb keine Laune der Natur. Wer in unseren Zeiten das Licht der Welt erblickt, scheint mit großer Wahrscheinlichkeit ein Wunschkind und kein Kind des Zufalls zu sein.

Meine Erfahrung aus vielen Erlebnissen und Gesprächen ist eine andere. Es ist verblüffend, wie viele Menschen sich als nicht gewollt empfinden. Sie haben den Eindruck, dass sie nicht so sein dürfen, wie sie sind; dass sie überflüssig oder sogar lästig sind; dass sie von allem Anfang an die Lebenswünsche der Eltern beeinträchtigt haben, weil sie zum falschen Zeitpunkt zur Welt kamen, eben doch kein Junge und Stammhalter waren, zu viel die Nächte durch Weinen und Krankheit gestört haben oder sonst irgendwie Mühe bereitet haben.
Es kann wie eine zweite, zutiefst gewollte Geburt sein, wenn man sich den Satz von Jesus aus dem Johannesevangelium 14,19 zu eigen macht: „Ich lebe, und ihr sollt auch leben.“ Jesus lebt, auch wenn viele ihm sein Lebensrecht streitig gemacht haben, ja sogar genommen und ihn ermordet haben. Und dieses Lebensrecht sagt er seinen Jüngerinnen und Jüngern zu: Du sollst auch leben! Gott will es, was auch immer andere dich spüren lassen! Die menschlich erkennbaren Umstände deiner Geburt, der Kindheit und späteren Jahre mögen schwierig gewesen sein. Es mag sein, dass sich deshalb tief im Herzen das Gefühl festgesetzt hat: Dein Leben sei nicht gewollt. Vor Gott ist dies anders! Du bist gewollt, ein Gedanke Gottes, ein genialer noch dazu! Es lohnt sich, wenn man sich diesen Zuspruch zu Herzen nimmt, unabhängig vom Alter. Denn so eröffnet sich tägliche Dankbarkeit für das eigene Leben.

Pastorin Ulrike Weber, Anklam


Dezember 2019Zur Jahreslosung 2020

Am 1. Advent begann ein neues Kirchenjahr, das unter der Losung Ich glaube; hilf meinem Unglauben! steht. Diesen Satz lesen wir im Markusevangelium, Kapitel 9, Vers 24.  Jesus hört ihn von einem Vater, der sich, weil sonst keiner helfen kann, an ihn wendet und ihn eindringlich, quasi mit dem letzten Funken Hoffnung, der in ihm ist, um die Heilung seines offensichtlich epilepsiekranken Sohnes bittet.

"Wenn du aber etwas kannst, so erbarme dich unser und hilf uns!" (Vers 22). Jesus erklärt ihm ziemlich harsch, dass "alle Dinge dem möglich sind, der da glaubt". Daraufhin steht der Vater zu seinen Ängsten, Sorgen und Zweifeln und sagt jenen Satz: "Ich glaube; hilf meinem Unglauben!" Daraufhin handelt Jesus, befreit den Jungen von seinem Leiden, reicht ihm seine Hand und hilft ihm auf.

Beim Nachdenken über die Jahreslosung fiel mir, je nach Bibelübersetzung, die unterschiedliche Setzung der Satzzeichen auf. In der Regel steht ein Semikolon zwischen den beiden Sätzen: Ich glaube; hilf meinem Unglauben!
Dann begegneten mir auch noch folgende Varianten:

Ich glaube – hilf meinem Unglauben!

Ich glaube, hilf meinem Unglauben!

Ich glaube! Hilf meinem Unglauben.

Ich glaube! Hilf meinen Unglauben!

Ich glaube – hilf meinem Unglauben


Sprechen Sie diesen Satz mit seinen verschiedenen Betonungsmöglichkeiten einmal vor sich hin. Was machen die Satzzeichen aus? Ändert die Betonung die Aussage oder den Inhalt des Satzes oder meine Stimmung?

Glaube und Zweifel sind die beiden großen Themen über die wir im Jahr  2020 nachdenken sollen. Wir werden daran erinnert, dass das Leben nicht immer so verläuft, wie wir uns das vorstellen. Wir kennen Phasen, in denen wir unser Leben genießen, weil „alles“ gelingt und „seinen Gang geht“. Genauso kennen wir Phasen der Unsicherheit und Situationen, in denen unser Glaube immer kleiner und unsere Zweifel immer größer werden. Mal fühle ich mich Gott ganz nah, mal sehr fern.

Es ist die Ambivalenz unseres Lebens, die uns in der Jahreslosung begegnet. Halten wir sie aus und reden wir darüber. Vertrauen wir dabei darauf, dass Gott längst Glauben in mir gesät hat, und mich auch in meinem Unglauben trägt und begleitet.

Oberin Petra Zulauf
Schwesternschaft der Evangelischen Frauenhilfe Potsdam-Stralsund in der UEK e.V.


Oktober/November/Dezember 2019 Gedanken zu Licht

Licht als Erscheinung in der Natur hat einen kaum fassbaren Einfluss auf uns Menschen. Mit dem beginnenden Herbst wird das Licht anders. Wieder einmal überrascht es mich, wie schnell die Tage kürzer werden. Das Morgenlicht kommt später und es dunkelt schon am frühen Abend.

Im Programm des Frauenwerks wird für den Frauensonntag 2020 eine Gottesdienstwerkstatt zum bekannten Bibelzitat vom Licht und vom Scheffel aus der Bergpredigt angekündigt. Licht als Symbol, als Metapher, begegnet uns im Glauben in vielfältiger Weise.

Mit dem sich verändernden Licht im Herbst und der Kühle dieser Jahreszeit gehen meine Gedanken weiter in die bereits erahnbare adventliche Zeit. Spontan taucht vor meinem inneren Auge ein lichtumwobener, wegweisender Engel auf. Ganz praktisch erinnert mich die zu planende Meditation für den Frauengruppenabend zum Wechsel im Kirchenjahr an die vorweihnachtliche Zeit.

Mit wechselnden Sonnenständen in den Jahreszeiten zeigt Licht sich variantenreich. An einem regenreichen Herbsttag blitzen nur vereinzelt Lichtspiele auf in nasstropfenden Bäumen oder in Pfützen auf dem Gehweg vor dem Haus. Im  Morgennebel zeigen sich verfärbende Blätter mit leise flirrendem Licht. Ich denke oft auf malerischem Weg darüber nach und erforsche mit handwerklichen Mitteln Phänomene, die mir auch schon mal unmittelbar in meinem Garten begegnen. Da sind lichtvolle Reflexe in den reifen, herrlich gelben Quitten in der Mittagssonne zu finden oder in letzten, noch blühenden, dunkelroten Stockrosen im rasch vergehenden Abendsonnenlicht. 

Es sind bewegend schöne Seiten im Vergehen in der Natur. Das Verwelken der Blätter und Gräser bemerke ich deutlicher in dunkleren Tagen. Vielleicht ist es eine Frage der Wahrnehmung, andere Frauen neben mir bewegt das Vergehen mehr im Kontrast mit noch Blühendem an sonnendurchfluteten Herbsttagen.

Hilde Domin hat in vielen Gedichten das Licht beschrieben. Darin klingt auch Unsagbares, nicht in direkte Worte zu Fassendes an wie in dieser Zeile aus ihrem Gedicht Auf der Terrasse: Das Meer, perlensanft gerieft/und silbern wie Taubenflügel.

Möge stets Lichtvolles sein in unserem alltäglichen Erleben! 

Gottes Segen,
herzlich, Antje Heinrich-Sellering

Ausschuss für die Arbeit mit Frauen im Sprengel Mecklenburg und Pommern


Sommerandacht 2019

„Alles hat Gott schön gemacht – zu seiner Zeit.“ Prediger 4

Liebe Leser,
ich sitze auf der Terasse hinter dem Haus. Über mir wölbt sich ein grünes Blätterdach und der Blauregen duftet intensiv. Der Himmel leuchtet im Abendlicht. Die Sonne schickt ihre letzten Strahlen zu mir hinunter. Alles ist ruhig und friedvoll. Endlich durchatmen, den Tag hinter mir lassen. In Gedanken gehe ich noch mal alles durch: was ist heute geschehen, wem bin ich begegnet? Was hat gut getan und was möchte ich ganz schnell vergessen. Bei meiner Gedankenreise begleitet mich das Abendlied der Amsel. Und ich genieße diese Zeit – Zeit für mich und meine Seele. Und mir geht auf: „Alles hat Gott schön gemacht – zu seiner Zeit.“

Lautes Kinderlachen drängt sich an mein Ohr. Und ich höre fröhliches Rufen und Juchzen. Es ist heiß geworden. Die Sonne gibt sich hochsommerlich warm. Auf dem Rasen steht der Rasensprenger und die Kinder testen, wer wohl am mutigsten ist. Wer traut sich in das kühle Naß hineinzulaufen? Die Abkühlung tut gut. Ich sehe fröhliche, lachende Kinderaugen. Mama, komm doch auch! Sommerglück. Diesen Moment mußt Du ganz tief abspeichern in deiner Seele, denke ich: „Alles hat Gott schön gemacht – zu seiner Zeit.“

Eine Fahrradtour durch den Sommer. Das Korn auf den Feldern ist schon ganz gelb und wiegt sich im Sommerwind hin und her. Die Kornblumen setzen blaue Tupfen in die Felder hinein und der Klatschmohn strahlt sein leuchtendes Rot dem entgegen. Ich radle mit der Sonne im Gesicht und dem Wind im Rücken durch diese wunderbare Natur und genieße diese Zeit. „Alles hat Gott schön gemacht – zu seiner Zeit.“

Gott leuchtet auf in seiner Schöpfung: im Abendlied der Amsel, in den lachenden Kinderaugen, im wogenden Kornfeld, in fernen Reisen, im Singen  – in alldem, was uns umgibt. Alles hat er wohl geordnet – schön gemacht. Gott hat seine Schöpfung mit großer Schönheit ausgestattet. Und noch mehr: Gott will, daß wir dies alles in uns aufnehmen – es genießen. Es geht nicht nur um Zweckmäßigkeit. Und so schenkt er uns zu unserem oft mühevollen Leben den Genuss. Auf daß unsere Seelen Freude haben, Wohlbehagen finden und aufatmen. Darin begegnet er uns. Lassen sie sich von Gott finden, auf ihren Sommerreisen oder einfach zu Hause – in einem Lied, im Abendspaziergang, im Zusammensein mit Freunden und Familie oder in der Stille der Kirchen, die ihnen begegnen.

Segen
Du Gott des Sommers, segne uns!
Begleite uns bei Reise und Erholung.
Du Gott des Sommers,
schenke uns einen leichten Schritt
und Wärme und Licht,
das unsere Seelen aufblühen lässt.
Du Gott des Sommers,
schenke uns kleine und große Sommerfreuden,
die wir bewahren können
für die wieder dunkler werdende Zeit.

Dies wünscht Ihnen/ Euch
Friederike Pohle


Andacht im Frühjahr 2019

„…ich lebe und ihr sollt auch leben.“ (Joh 14,19)

Einige unserer Kirchengemeinden unterhalten seit mehreren Jahren enge Partnerschaftsbeziehungen nach Tansania/Afrika. Der Bereich Ökumene im Zentrum Kirchlicher Dienste Rostock besucht regelmäßig die Partner-Diözesen in Tansania.
Neben diesem großen Land liegt das kleine Ruanda, das im April an den Völkermord vor 25 erinnert. Die unbeschreibliche Gewalt machte selbst vor Gotteshäusern nicht Halt, die am Sonntag zum Gottesdienst gefüllt waren. „Oh Haupt voll Blut und Wunden, voll Schmerz und voller Hohn“, dieses Passionslied, mit dem Paul Gerhard das Leiden Jesu hinsehend in Worte fasste, war für viele Menschen Rouandas vor 25 Jahren tägliches Erleben. Es zeigt, was Menschen Menschen antun können. Aus Ruanda sind damals viele Frauen, Kinder und Männer vor der unvorstellbaren Gewalt auch ins Nachbarland Tansania geflohen.

Heute boomt Ruanda wirtschaftlich. „Der Fortschritt ist weiblich“, betitelte der Deutschlandfunk Kultur am 27. November 2018 einen Hör-Beitrag. 60% der Abgeordneten im Parlament sind weiblich. Das hat Ruanda auf Platz 5 in Sachen Gleichstellung weltweit gebracht. Diesen Platz hatte 2006 noch Deutschland  inne, heute Platz 12.
Doch eine Gruppe von Frauen hat bis heute an dieser Entwicklung keinen oder nur geringen Anteil, die vergewaltigten Frauen von damals, die dabei schwanger wurden und Kinder bekamen. Besonders schwer ist ihre Situation heute, wenn sie damals mit Aids infiziert wurden und alleinerziehend auf dem immer noch armen Land leben.

„…ich lebe und ihr sollt auch leben.“

„Ich wollte mich umzubringen“, so eine dieser Frauen heute über ihre damalige Erfahrung.  
Sie und viele Frauen mit ihr entschieden sich für das Leben und für das Kind. Während der Geburt durchlebten sie zusätzlich extreme Gefühle: „Ich war unentschlossen, ob ich das Kind annehmen oder ablehnen sollte. Aber das Gewissen hat mich dazu gedrängt, das Kind wie meine normale Tochter zu erziehen.“ Reichte das aus, um die Tochter zu lieben? Viele dieser Töchter erfuhren nichts über ihre Entstehung, fühlten sich nicht angenommen und wussten nicht, warum.

„…ich lebe und ihr sollt auch leben.“

Wie kann der Ort, an denen diesen Frauen mit Gewalt die Würde genommen wurde,  zu einem Ort werden, an dem ihnen ein Stück diese Würde zurückgegeben wird?
Genau das hat der Berliner Fotograf Olaf Heine mit seinem Fotobuch „Rwandan Dauthers“ getan. Er ist mit den Müttern und ihren jetzt erwachsenen Töchtern an die Orte der Vergewaltigung zurückgekehrt und hat sie dort fotografiert.
Ich bewundere den Mut der Mütter, sich darauf eingelassen zu haben.

Die Bilder zeigen aufrechte Mütter.  Mit erhobenem Blick schauen sie den Betrachter an. Sie schauen nicht mehr weg und verkrümmen sich nicht mehr. Sie wenden sich dem Leben zu.

Aufrecht.stehen.bleiben – ein Anfang
Das war 2015-2017 das Jahresthema des Frauenwerkes der Nordkirche.
Daran erinnere ich mich, wenn ich mir die Bilder anschaue.

Die Fotos zeigen aber auch etwas von der Beziehung zwischen Mutter und Tochter. Da ist die Distanz, die nicht überwunden werden konnte. Da ist die liebende Zuwendung der Tochter zur Mutter, die nicht von Herzen angenommen werden kann. Und da ist die Mutter, die ihrer Tochter gegenüber Liebe zeigen kann trotz der Vergangenheit.
Erst im Zusammenhang mit dem Fotoprojekt erfuhren die beteiligten Töchter von dieser Geschichte ihrer Mütter. Was bedeutet das für die Gestaltung der zukünftigen Beziehung zueinander?
Eine Mutter sagte es so: „Ich sage nicht: Ich sehe mich Herausforderungen ausgesetzt. Ich sage es so: Ich sehe Chancen.“

Auch das ist Ostern.
Auch das ist Auferstehung.

 „…ich lebe und ihr sollt auch leben.“

Amen.

Anmerkung:
Die Bilder (© Olaf Heine) wurden mir freundlicherweise von der christlichen Hilfsorganisation „ora Kinderhilfe“ zur Verfügung gestellt.

Christine Ziehe-Pfennigsdorf


Andacht zum Weltgebetstag aus Slowenien 2019

Ein Festmahl steht an. Vieles ist vorzubereiten. Aber zuerst macht jede Gastgeberin und jeder Gastgeber sich doch Gedanken um die Gästeliste.
Wen lade ich oder wen laden wir ein?
Wer soll unbedingt dabei sein?
Wer wird eingeladen, weil wir uns ihm oder ihr verpflichtet fühlen?
Wer kann mir oder uns nützlich sein für die Zukunft?
Mit wem müssen wir uns mehr vernetzen, um bestimmte Ziele zu erreichen?
Wer ist nicht eingeladen?
Diese Fragen hat sich möglicherweise auch der Gastgeber gestellt, von dem Lukas im 14. Kapitel seines Evangeliums berichtet. Das „Gleichnis von der Einladung zum Fest“ ist der zentrale Bibeltext im Gottesdienst zum Weltgebetstag 2019 aus Slowenien.

Das Fest ist vorbereitet. Der Tisch festlich eingedeckt. Die Speisen sind gekocht. Getränke stehen  bereit. Die Eingeladenen können kommen.
Doch dann passiert das Unerwartete. Alle sagen ab. Sie haben nachvollziehbare Gründe, wichtige Geschäftstermine, die eigene Hochzeit.   
Wie ging es Ihnen, als eine von Ihnen geplante und vorbereitete Einladung abgesagt wurde? Waren Sie enttäuscht oder vielleicht sogar – heimlich – sauer? Höflich, wie wir sind, sprechen wir es meist nicht aus.
Nicht so unser Gastgeber. Er ist wütend, denn er hat sich die Einladung viel kosten lassen. Die fertigen Speisen einfach wegwerfen? Das Fest ausfallen lassen? Das will er nicht.

Der Gastgeber münzt seinen Zorn in Kreativität um. Das Festessen wird auf jeden Fall stattfinden. Zweimal schickt er seinen Diener aus, um Menschen einzuladen, an denen er im Alltag bisher geschäftig vorbeiging. „Geh schnell auf die Straßen und Gassen der Stadt und hol die Armen, die Behinderten, die Blinden und die Gelähmten herein!“ Und als immer noch Plätze frei sind an der Festtafel: „ Geh auf die Feldwege und an die Zäune und dränge alle, die du dort findest, zu kommen, damit mein Haus voll wird!“
Zaungäste werden so zu Tischgästen.

Dieses Festessen verläuft sicher anders als geplant. Etikette und feine Tischsitten sind hier kaum zu erwarten, dafür eine laut-fröhliche Feststimmung, wenn die ersten Unsicherheiten auf beiden Seiten gewichen sind. Der Gastgeber feiert selbstverständlich mit, auch wenn die Geschichte dies nicht erzählt.

Weihnachts- und Epiphaniaszeit Euch ist heute der Heiland geboren!

Das Foto auf der Titelseite knipste ich während unseres Besuches der Sandskulpturen-Ausstellung in Binz auf Rügen Ende September im Rahmen unserer Stralsunder September-Schwestern-Rüste.
In diesem Jahr gab die Bibel den Künstler*innen die Anregungen für ihre Skulpturen. „Die Bibel. Ihre Geschichten und Gleichnisse“ lautete der Titel. Neben Adam und Eva, der Vertreibung aus dem Paradies, dem Turmbau zu Babel, der Flucht aus Ägypten waren auch Szenen aus dem Leben Jesu dargestellt. „Hängengeblieben“ bin ich vor dem Stall von Bethlehem.  

Diese detailliert dargestellte Sandskulptur zog mich in ihren Bann: Der Stall mit Stern und zwei Engeln. Davor Alltagsgegenstände wie Krüge und Holzbündel. Eine Feldsteinmauer, die den nötigen Schutz vor äußeren Einflüssen bietet. Im Vordergrund sitzt Maria mit dem Kind im Arm. Dicht an ihrem Herzen ihr Kind. Joseph schaut, die Hände auf einen Stab gestützt, gelassen und entspannt auf die seinen. Ein Lamm steht Maria zu Füßen und blickt aufmerksam hinauf zu Mutter und Kind.

Mich bewegt diese Szene. Der Gedanke, dass Gottes Sohn mitten hinein in die Alltagswelt geboren ist, treibt mich um. Der Heiland wohnt in unserer Mitte. Nicht in einem Palast oder einer Kirche, sondern mitten in unserem Alltag, unserer Lebenssituation. Gott ist bei uns, wenn wir weinen und lachen, arbeiten und ausruhen, lieben und aneinander leiden, uns fragen, wie es weitergehen wird, und oft mehr Angst haben als Vertrauen.

Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.

EUCH ist heute der Heiland ist geboren! Was für eine Botschaft! Der Messias, der Herr der Herrlichkeit, der Gerechte, der Helfer, der Wunderheld und Ewig-Vater, der Friedefürst „platzt“ mitten hinein in unser Leben und den Unfrieden auf der Welt!

Mit Jesu Lehre, seinem Leben und Sterben ist längst nicht alles gut und heil auf der Welt geworden. Im Gegenteil, seit 2000 Jahren „irren“ die Menschen durch ihre Zeit. Kriege, Hunger, Flucht, Hass, Gewalt, Ungerechtigkeit, Besserwisser*innentum ziehen um die Welt – und ich frage mich: Wie ist denn dann, mit dem Blick auf das Weihnachtsgeschehen, die Perspektive?

Sie zeichnet sich für mich ab auf dem „gezoomten“ und aus einem anderen Blickwinkel aufgenommenen Foto. Die sich daraus entwickelnde Aussage wurde von den Künstlern und Ausstellungsverantwortlichen nicht beabsichtigt.

Im Bildhintergrund sehen wir den Oberteil der letzten Skulptur der Ausstellung. Sie stellt die Himmelfahrt Jesu dar.

Beide Szenen mit einem Blick gesehen, bringen den gesamten Inhalt der Evangelien zusammen: Der zum Himmel auffahrende Christus blickt auf den Stall von Bethlehem, auf die Szene seiner Geburt! Er sieht sich in den Armen seiner Mutter geborgen und liebevoll umfasst.

Ein starkes Bild! Gerade in diesen Tagen. Wir gehen auf Weihnachtsfeiertage unter einem harten Lockdown zu. Wir werden verzichten und unser Feiern, auch unser Gottesdienst feiern, erheblich beschränken. Das alles ist in diesem Pandemie-Jahr nun mal so. Die Rheinländer*innen sagen: Et es wie et es (Sieh den Tatsachen ins Auge) und Et kütt wie et kütt (Habe keine Angst vor der Zukunft) Gott schenke uns diese rheinische Gelassenheit.
Meine Generation, für die der Strom immer aus der Steckdose kam und das warme Wasser aus dem Hahn, muss das erstmal erkennen, begreifen und ins Leben umsetzen. Das ist unsere Aufgabe. Den Generationen vor uns waren andere gestellt und den nachfolgenden stehen neue bevor.

Schließlich:
Die weiteren Aussichten sind tröstlich und Mut machend: Wir sehen auf den Stall von Bethlehem und zugleich zu dem gen Himmel auffahrenden, segnenden Christus und hören seine Botschaft: Ich bin bei euch alle Tage!
Petra Zulauf

Oberin der Schwesternschaft der Evangelischen Frauenhilfe Potsdam-Stralsund in der UEK e.V.


Zur Jahreslosung 2019Suche Frieden und jage ihm nach!

Psalm 34,15

Seit 73 Jahren leben wir in unserem Land in Frieden. Das ist im Blick auf die Welt- und Menschheitsgeschichte eine sehr lange Zeit. Gott sei Dank!

Die Generationen, die den 1. und/oder auch den 2. Weltkrieg miterleben mussten, werden älter und bald wird es nur noch wenige geben, die den in friedlichen Zeiten Geborenen „aus erster Hand“ von den Schrecken und Folgen eines Krieges berichten können.

Frieden ist ein zeitloses Dauerthema in der Politik, in Familien, in Betrieben und in den Weltreligionen. Immer ist der Friede bedroht und „steht auf wackligen Füssen“. Wir sprechen von Handelskriegen und Tarifkonflikten, von Guerilla- und Bürgerkriegen. Schnell ist ein Krieg erklärt und ausgerufen. Friedensverhandlungen hingegen brauchen viel Zeit und Engagement aller Beteiligten. Wohl deshalb war ein Motto der Friedensbewegung in den 1980ziger Jahren: Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin...“

In der ehemaligen DDR war das Thema Frieden quasi staatlich verordnet. Manche Mitschwester erzählte mir, dass bereits im Kindergarten und bei den Pionieren (FreieDeutscheJugend/FDJ) den Kleinsten eingeschärft wurde, dass es nicht am realexistierenden Sozialismus liege, wenn in der Welt kein Friede herrsche, sondern am kapitalistischen Westen. Folglich wurde dieser Frieden von Kindesbeinen an besungen. Bei den Pionieren klang das wie das folgt:

1. Kleine weiße Friedenstaube, fliege übers Land; allen Menschen, groß und kleinen, bist du wohlbekannt.
2. Du sollst fliegen, Friedenstaube, allen sag es hier, dass nie wieder Krieg wir wollen, Frieden wollen wir.
3. Fliege übers große Wasser, über Berg und Tal; bringe allen Menschen Frieden, grüß sie tausendmal.
4. Und wir wünschen für die Reise Freud
e und viel Glück; kleine weiße Friedenstaube, komm recht bald zurück.


Worte: Erika Mertke; Weise: Erika Mertke; Kategorie: Pionierlieder


Suche Frieden und jage ihm nach!

In der Losung für das kommende Jahr geht es um mehr, als um das „bisschen Frieden“, von dem die Schlagersängerin Nicole 1982 sang und damit den europäischen Sangeswettstreit gewann. Immerhin gelang es ihr, in den Zeiten des Kalten Krieges und des Wettrüstens die Sehnsucht der Menschen in Frieden leben und wohnen zu können zur Sprache zu bringen.

Mit dem 15. Vers aus Psalm 34 werden wir aufgefordert, sehr aktiv über Frieden nachzudenken. Dabei ist das Verb nachdenken zu schwach für das, was die Worte Frieden suchen und ihm nachjagen beinhalten.

Frieden suchen - Ich frage mich, versteckt sich denn der Frieden, so dass ich ihn, wie im Kinderspiel, suchen muss? Und bitte, wo soll ich nach ihn suchen? Zuhause, in der Stadt, auf dem Land oder hinter einem Stein?

Jage ihm nach! -  Läuft denn der Frieden weg? Wenn ja, vor was oder wem? 

Dem Frieden nachjagen, wie geht das? Vielleicht so, wie eine Jägerin, die mit Fernglas um den Hals und Gewehr über der Schulter einem scheuen Wildbrett nachstellt? Oder ist mit nachjagen gemeint, dass ich nicht, um des vermeintlichen lieben Friedenswillen, aufgebe oder resigniere, sondern mich immer wieder für ein friedliches, versöhnendes und würdevolles Miteinander einsetze?

Suche Frieden und jage ihm nach! Dem Satzteil des 15. Verses geht vor dem Semikolon folgendes voraus: Lass ab vom Bösen und tue Gutes;

Ja, alles klar und logisch: Nichts Böses denken, planen und tun, sondern Gutes bewirken. Wie DAS gehen kann, lesen wir in der Bibel: Kinder lernen nicht mehr Krieg, Wolf und Schaf leben einträchtig auf einer Weide zusammen, Schwerter werden zu Pflugscharen umgeschmiedet, der Friedefürst kommt, die, die Frieden stiften, werden selig genannt und das „Friede sei mit euch!“ lässt die Jünger in Emmaus den auferstandenen Herrn erkennen.

Stellen wir uns doch einmal eine Welt vor, in der Menschen einander und ihrer Mitwelt den Frieden erklären. Wie ließe es sich in so einer Welt leben?

Stellen wir uns vor, einer wäre bereit auf seine Macht und die seines Landes zum Wohl aller zu verzichten.

Stellen wir uns vor, Menschen ziehen nicht in den Krieg, sondern in den Frieden.
Von diesem Gedanken singt jedenfalls Udo Lindenberg auf seiner neuen CD, die am 14. Dezember erscheinen ist, gemeinsam mit einem Kinderchor:
Refrain:

Komm wir ziehen in den Frieden! Wir sind mehr als Du glaubst!
Wir sind schlafende Riesen, aber jetzt stehen wir auf!
Lass sie ruhig sagen, dass wir Träumer sind.
Am Ende werden wir gewinnen.
Wir lassen diese Welt nicht unter gehen!
Komm wir ziehen in den Frieden!

Suche Frieden und jage ihm nach!
Gott begleite uns freundlich in und durch das Jahr 2019
und fördere unsere Suche und unser Nachjagen nach Frieden.


Oberin Petra Zulauf, Schwesternschaft der Evangelischen Frauenhilfe Potsdam-Stralsund in der UEK e.V., Große Parower Straße 42, 18345 Stralsund


Andacht im Dezember 2018

In der Adventszeit möchte ich an eine Tradition erinnern, die Frauen wiederentdeckt haben – den Tanz als Ausdruck von Spiritualität.
In seinem Gemälde der Geburt Christi hat der Maler Sandro Botticelli um 1500 hoch über dem Stall mit dem nackten Jesuskind einen sehr weiblich anmutenden
Engelreigen gemalt. Tanzend feiern sie die Geburt Christi, begleitet vom Gesang
einer kleinen Engelgruppe. Gesang und Tanz gehören eng zusammen.
Ist der Tanz eine „himmlische Sitt“, wie es in einem Minnelied aus dem 13./14. Jahrhunderts heißt?
Wer nicht tanzt, begreift nicht, was geschieht. Amen. Dieser Satz aus einem Tanzhymnus des 2./3. Jahrhunderts wird Jesus in den Mund gelegt. Wie eng damals noch Tanz als Ausdruck des Glaubens verstanden wurde!
Schaut man in die Advents- und Weihnachtslieder hinein, dann kann man hier und da noch die Momente des Tanzes entdecken. Jesus springt aus der Erde im Adventslied „Oh Heiland, reiß die Himmel auf“, wo es in der 3. Strophe heißt: „Oh Heiland, aus der Erden spring“. Die Echternacher Springprozession lädt jedes Jahr zu Pfingsten zum Mitspringen ein, was nichts weiter bedeutet, als mit zu tanzen. Zu Weihnachten singen wir jedes Jahr „Fröhlich soll mein Herze springen“.  Wenn das Herz vor Freude springt, wie können dann unsere Füße still und ruhig bleiben?
Hören wir noch einmal auf das geistliche Minnelied:
Jesus der Tänzer Meister ist, / Zum Tanze hat er hohe List*, / Er wendet sich hin, er wendet sich her, / Sie tanzen alle nach seiner Lehr, / Die Seele lernet hoch damit, / Sie gewinnet himmlische Sitt. (*Weisheit, Kunst, Können).
Jesus Christus springt zu Weihnachten auf die Erde und wird unser Meister-Tänzer. Er lädt uns ein, nach seiner Lehr zu tanzen. Darum ist der Tanz Teil der Arbeit mit Frauen auch im neuen Jahr.

Christine Ziehe-Pfennigsdorf
Referentin


Pfingsten 2018

Vor kurzem stand in der Kirchenzeitung ein Artikel über die Zehn Gebote (2. Mose 20). Der Autor schrieb darin, dass alle folgenden Gebote sich aus zwei Grundgeboten entfalten würden:
„Du sollst den Herrn, deinen Gott, liebhaben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit aller deiner Kraft“  (5. Mose 6,5) und
„Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (3. Mose 19, 18)
Beide Gebote nimmt Jesus auf, als er nach dem größten Gebot der Thora befragt wird, nachzulesen bei Matthäus 22, 37-40.
Lassen wir die Gebote in unser Herz, so lesen wir darin von der Liebe zu Gott, der Liebe zur Nächsten und zum Nächsten und der Liebe zu mir selbst. Die drei sind wie ein Kanon. Ein Kanon ist allein nicht zu singen. Da ist jede Stimme wichtig. Die Liebe zu Gott ist der Grundton, darauf bauen Nächstenliebe und Eigenliebe auf.

Unsere Ausrichtung auf Gott, ihn zu lieben, das allein kann schon vor Irrtümern bewahren, kann Unsicherheiten klären, hilft in der Rückbesinnung, festigt auf dem Lebensweg zu Gott hin. Eigentlich könnte jetzt hier ein Punkt stehen, denn es ist damit alles gesagt. Es ist an uns, es zu tun. Wir sind es, die das Herz öffnen sollten. Jeden Tag aufs Neue gilt es, dass wir uns daran erinnern, gilt es, Auszeiten aus der Geschäftigkeit zu suchen und so Raum zu schaffen für die göttliche Beziehung, für die Möglichkeit eines Kontaktes in beide Richtungen. In diesen Beziehungskanon gehören meine Nächste und mein Nächster.

In der Liturgie des diesjährigen Weltgebetstagsgottesdienstes von den Surinamerinnen hieß es „Gottes Schöpfung ist sehr gut“. Die Besinnung und Rückversicherung auf die Worte im ersten Schöpfungsbericht der Bibel ist angesichts von heftig spürbaren Umweltmissständen und massiven Verwerfungen in der Weltgemeinschaft der Menschen geboten. Sie stärkt unsere Hoffnung und gibt Mut in der Gestaltung eines jeden Tages. Jeden Tag dürfen wir uns daran erinnern – am Anfang, zu Beginn war alles gut.

Im Frauenwerk der Nordkirche hat gerade wieder ein Zweijahreszyklus begonnen, diesmal unter dem Motto – Und siehe, morgen war alles gut. Der Wortlaut irritiert und erstaunt. Wie passen Vergangenheit und Zukunft zusammen? Und was wird aus der Gegenwart?

Und siehe, morgen war alles gut - das ist heute eine Aufforderung zum Mittun. Die Kraft dafür kann erwachsen aus den „Liebesgeboten“. Wer Gott liebt, dieser Frau oder diesem Mann wird die gute Schöpfung,  wird die Nächste und der Nächste und wird auch sie sich selbst im Menschsein nicht egal sein. Diese Liebe macht fähig -zum Wahrnehmen, Mitfühlen und Handeln.

Es mag sein, dass wir uns dabei manchmal selbst im Wege stehen. Dann stolpern wir über die eigenen Füße. Dann gibt es wenig Verzeihen der eigenen Schwächen oder der meiner Nächsten, wenig Verständnis für undisziplinierte Gebärden im Autoverkehr oder für befremdliche Äußerungen anderer. Es gäbe da noch vielerlei anderes.

Solche Beschreibungen klingen relativ. Dennoch machen sie einen Großteil des Alltäglichen aus. Die Befindlichkeiten zu bemerken und sie nicht so zu lassen, darauf kommt es an. Der Rhythmus im Kirchenjahr kann  für uns hilfreich sein. Vielleicht konnten wir in der gerade vergangenen Passionszeit, einer Zeit,  die zum Innehalten einlädt, das ein oder andere mit Aufmerksamkeit bedenken.

Nach Ostern thematisiert Pfingsten als weiteres markantes Fest im christlichen Jahreskreis Verwandlung. Wir dürfen die Verwandlung in unseren Gottesdiensten, in den Pfingstfeiern miterleben. Wir dürfen uns öffnen für ein Wirken in unseren Lebensalltag. Die Natur unterstützt dabei – an ihrer Verwandlung zum Aufblühen nehmen wir gern teil.
Lassen wir uns ermuntern - und anstecken und den Kanon der Liebesgebote mit anderen singen.            

Herzlich, Antje Heinrich-Sellering


Januar 2018Über Maria Sibylla Merian

„Wenn je ein Frauenzimmer lebte, welches auf einen bleibenden Ruhm und innige Hochachtung mit Recht Anspruch machen konnte, so ist es die berühmte Maria Sibylla Merian“, schrieb der deutsche Universalgelehrte Friedrich Karl Gottlob Hirsching.

Zum 300. Todestag 2017 würdigten verschiedene Ausstellungen die Künstlerin Maria Sibylla Merian. Mit ihren detailgetreuen Pflanzen- und Insektenbildern beeinflusst sie die Malergenerationen.

In diesem Jahr 2018 ist Surinam das Land der Weltgebetstagsordnung.
Zwei Jahre lebte Maria Sibylla Merian mit ihrer Tochter dort. Ihr Mut zu dieser Reise ist bewundernswert, denn die Reise war gefährlich. Begleitet und unterstützt von Ureinwohnern und afrikanischen Sklaven unternahm sie viele Forschungsausflüge in den Urwald Surinams. Es entstanden naturwissenschaftliche Bilder der Pflanzen- und Insektenwelt Surinams, die sie in Büchern veröffentlicht. Diese Bücher begründeten ihren Ruf als Naturforscherin und ließen die Menschen in Europa in eine Pflanzen- und Insektenwelt eintauchen, die ihnen bisher unbekannt war.

Der Name Merian ist manchen durch die Merian-Bibel bekannt.(und Merian-Hefte) Diese reich mit Kupferstichen bebilderte Lutherbibel gehört zu den schönsten gedruckten Bibeln. Herausgegeben hat sie Sibyllas Vater Matthäus Merian 1630 in Frankfurt, lange vor ihrer Geburt 1647. Der Vater starb, als Sibylla 3 Jahre alt war. Er hinterließ seinen Kindern nicht nur seine Verleger-Werkstatt, sondern prägte die Familie auch mit seiner Frömmigkeit. Die Familie gehörte dem reformierten Glauben an, was im lutherischen Frankfurt  nicht immer einfach zu leben war. Für den religiös sehr interessierten Vater war eine persönliche und innige Beziehung zu Gott wichtig, aus der er Kraft und Widerstandsfähigkeit im lutherischen Frankfurt  schöpfte. Heute würde man seine Frömmigkeit dem Pietismus zuordnen.
Nach dem Tod des Vaters heiratete Sibyllas Vater einen Maler, der sich auf Blumendarstellungen spezialisiert hatte.

Dieser Hintergrund prägte Maria Sibylla Merian nachhaltig. Sie lernte das Kupferstechen ebenso wie zeichnen und malen.
Mit diesen Fähigkeiten trug sie auch als Ehefrau zum Unterhalt der Familie bei. Später war sie wirtschaftlich unabhängig, denn neben ihrem künstlerischen Talent entwickelte sie unternehmerische Fähigkeiten.
Bei reinen Blumenbildern beließ es Maria Sibylla Merian aber nicht, sondern bereicherte sie mit Insekten unterschiedlicher Art.

Woher kam ihr Interesse an der Natur, insbesondere den Insekten?
Bereits als Kind interessierte sich Maria Sibylla Merian für Schmetterlinge, Spinnen und Insekten und deren Entwicklung. Sie züchtet sie, um alle Stadien ihrer Entwicklung beobachten zu können. Sie zeichnet und dokumentiert alles. Das war in ihrer Zeit neu.

Für Maria Sibylla Merian waren auch die Insekten Geschöpfe Gottes.
Sie sah in ihnen eine ganz eigene Schönheit.  
Diese eigene Schönheit der Insekten wollte Maria Sibylla Merian entdecken. So finden wir auf vielen ihrer Bilder Insekten in verschiedenen Stadien und immer wieder Schmetterlinge.

Im Vorwort zu einem ihrer Bücher schrieb sie:
„Nachdem ich nun durch die Gnade Gottes alles dasjenige erkläre, so beliebe der hochgeehrte Leser zu wissen, dass all dies zu Gottes Ehre allein von mir geschehen, indem ich erhoffe, dass sein Ruhm und Lobe aus diesen sehr geringen und bei manchen vielleicht auch verächtlichen Dingen unter uns irdisch-gesinnten Menschen desto heller und herrlicher hervorleuchten möge.“

Maria Sibylla Merian hat genau hingeschaut und die Ordnung in der Natur dahinter entdeckt.
In der Ordnung der Natur, ihrer Zweckmäßigkeit und Schönheit erkannte sie Gott.
Damit ist Maria Sibylla Merian eine Vordenkerin der Natur-Theologie, die im 18. Jahrhundert viele Anhänger gefunden hat.

Auch aus „verächtlichen Dingen“  leuchtet das Lob Gottes – was für ein schöner Gedanke.
Mit ihren Bildern hat Maria Sibylla Merian den verachteten und ekelerregenden Insekten die Würde gegeben, die Gott ihnen als Schöpfer zugedacht hat. Daran werde ich denken, wenn mich wieder einmal eine ungeliebte Mücke sticht.

Dem Motto des Weltgebetstages am 2. März „Gottes Schöpfung ist sehr gut“ würde Maria Sibylla Merian sicher aus vollem Herzen zustimmen.

Eure
Christine Ziehe-Pfennigsdorf


April 2017…auch Österliches

Der reformatorische Anspruch ist ein Leben in Mündigkeit und die Fähigkeit jedes  Menschen zu eigenem Verstehen und Denken. Daran werden wir im Lutherjahr oft erinnert. Darüber hinaus ist es der Anspruch aller, die sich einem aufrechten Leben verpflichtet fühlen. Diese Sätze klingen plausibel und fast ein bisschen heroisch. Sie sind nicht so ohne weiteres zu füllen.

Im örtlichen Gemeindebrief findet sich in der April/Mai-Ausgabe ein Satz (von Sabine Dübern), der mir nahe geht: „Man kann den Worten nicht mehr trauen, weil die Grundlage der Sprache einen Riss bekommen hat.“ Gemeint sind hier die Worte von Menschen, die viel Enttäuschung mit sich gebracht haben und weiterhin bringen.

Der Riss zieht es nach sich, Vertrauen zu verlieren. Ohne Vertrauen scheint mir unser menschliches Leben einigermaßen schwierig zu sein und auch schwierig zu gestalten im Zusammensein.

Auf was vertrauen wir? Auf Gottes Botschaften, das kann ich einfach so sagen. Wir Christenmenschen finden sie in der Bibel. Da stehen die Worte, sozusagen „schwarz auf weiß“. In der klassischen Kalligrafie wird das noch deutlicher. Gestaltet wird der Text auf dem Blatt mit schwarz und weiß – dem Schwarz der Buchstaben und dem Weiß der Leerstellen. Beide ausgewogen komponiert lassen Harmonie entstehen. Schwarze Buchstaben sind zunächst eine feste Größe. Weiße Leerstellen lassen uns die Möglichkeit zu Eigenem. Was bewegen oder bewirken die Buchstaben, Wörter, Sätze in unserem Herzen? Wie kann ich sie verstehen, welchen Raum eröffnen sie für mein Denken, Fühlen und Handeln?

Christi Leben und Tod und Auferstehung sind in der Bibel beschrieben. Sein Kreuzestod, schmerzvoll, sein verzweifelter Ruf nach Gott ist uns in der nachösterlichen Zeit besonders nah. Mir kommen Gedanken wie „das Kreuz – so schwarz wie die Buchstaben und so unverrückbar – so wahr – Jesus Verzweiflung – nicht wegzudiskutieren – das Leid kulminiert in seinem Schrei. Aber dann ist da auch die Leerstelle  - die Grabkammer ist leer – Maria, die Jünger, alle sind verwirrt, suchen – nach dem Toten, wenigstens diese Gewissheit soll doch bleiben. Die wird nicht erfüllt. Das Denken, Fühlen kommt heillos durcheinander und doch: das göttliche Wort kommt und hilft. Es ist durch nichts zu erschüttern, da gibt es keinen Riss, da ist im Wandel Trost, Zuspruch und Vertrauen zu erfahren tief hinein ins eigene Leben.

Antje Heinrich-Sellering
Ausschuss für die Arbeit mit Frauen im Sprengel Mecklenburg und Pommern


Januar 2017Gedanken zur Jahreslosung 2017 aus Ezechiel 36,26

Gott spricht:

Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch.

Der Prophet Ezechiel sagt dem Volk Israel weiter, was Gott ihm aufgetragen hat. Nach schweren Zeiten, die durch nicht gottgemäßes Leben, Vertreibung und Flucht gekennzeichnet waren, will Gott seinem Volk neue Perspektiven geben. Ezechiel prophezeit, dass Jerusalem und der Tempel aus den Trümmern wieder aufgebaut werden und Gott zu seinem Volk zurückkehren wird. Für das tägliche Leben nennt Ezechiel Gottes Willen entsprechende Verhaltensregeln: Elende, Arme und Frauen sind zu schonen, Hungrige sollen Essen und Nackte Kleidung bekommen. Beim Verleihen von Geld soll auf Zinsen und Zuschläge verzichtet werden. Im Geschäftsleben soll es fair zugehen und Waren mit einheitlichem Maß gemessen werden. Unrecht ist zu vermeiden und im täglichen Leben soll Gerechtigkeit herrschen. Wie bitte soll DAS gehen?

Gott spricht: Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch.

Wie wunderbar! Gott machte seinem Volk damals und macht uns heute ein Geschenk! Genauer betrachtet sind es zwei Geschenke gleichzeitig, denn das eine geht ohne das andere nicht: ein neues Herz ohne einen neuen Geist beziehungsweise ein neuer Geist ohne ein neues Herz.
Das Herz ist nach der Vorstellung der Menschen im Alten Testament das Zentrum des Wesens des Menschen. Von einem „weisen Herzen“ lesen wir im Zusammenhang von Weisheit und Verstand. Das Herz ist der Ort der Vernunft. Im Herzen geschieht Denken, Planen und Überlegen. Im Herz werden Entscheidungen getroffen, Eindrücke geordnet und verarbeitet.
Wer „kein Herz“ hat, ist gedankenlos, ichbezogen, selbstverliebt, unbarmherzig, und mit sich selbst nicht im Reinen.

Gott spricht: Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch.

Einen neuen Geist will Gott uns schenken.
Gottes Geist ist eine dynamische Lebenskraft. Gottes Geist macht lebendig. Gottes Geist schafft Frei-Raum und setzt Menschen in Bewegung.
Gottes Geist führt aus der Enge in die Weite, aus der Verlorenheit in seine Heimat. Gottes Geist heißt im Hebräischen „Ruach“ und ist weiblich.
Gottes Geist ist ausschließlich an seiner Wirkung zu erkennen. Gottes Geist blies dem Menschen Odem ein und der Mensch wurde lebendig. Im Johannes-Evangelium (Kapitel 3, Vers 8) wird Gottes Geist mit dem Wind verglichen: „Der Wind bläst, wo er will, und du hörst sein Sausen wohl; aber du weißt nicht, woher er kommt, und wohin er fährt.“

Der neue Geist, den Gott uns schenken will, nimmt Gottes Gebote und Weisungen in den Blick. Gottes Geist will eine neue Haltung in uns lebendig werden lassen. Eine Haltung, die unsere Selbstverliebtheit überwindet und nach dem fragt, was unsere Nächsten brauchen.

Geb´s Gott, dass wir uns öffnen für sein Geschenk eines neuen Herzens und eines neuen Geistes, und beides annehmen.
Mit Worten aus Psalm 51 können wir darum bitten: „Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz, und gib mir einen neuen, beständigen Geist.“

In den Worten der Losung für das Jahr 2017 finden wir Gottes Antwort: „Gott spricht: Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch.“

Oberin Petra Zulauf

Schwesternschaft der Evangelischen Frauenhilfe Potsdam-Stralsund