Balsam für Mecklenburgs Seele Altbischof Rathke las in Schwerin vor 400 Menschen aus seinen Lebenserinnerungen

Von Marion Wulf-Nixdorf

Altbischof Heinrich Rathke las in der Schweriner Schelfkirche aus seinen Lebenserinnerungen „Wohin sollen wir gehen?“

Foto: C. Meyer

07.12.2014 · Schwerin. Am Dienstag vor zwei Wochen las Altbischof Heinrich Rathke, 85, in der Schweriner Schelfkirche aus seinen Lebenserinnerungen „Wohin sollen wir gehen?“. Außerdem wurde ihm die Festschrift „Kirche für andere – Kirche mit anderen“ überreicht.

Ursprünglich sollte Rathkes Lesung im Festsaal des ehemaligen Oberkirchenrates stattfinden – aber schon bald wurde den Veranstaltern klar, dass der Raum für die vielen Menschen, die ihr Kommen angemeldet hatten, nicht ausreichen würde. Und viele nicht Angemeldete sollten ebenso willkommen sein. So war es eine gute Entscheidung, in die heizbare und mit guter Technik versehene Schelfkirche umzuziehen, in der auch die Musik – Paulskantor Christian Domke improvisierte Lieblingschoräle von Heinrich Rathke und seiner verstorbenen Frau Marianne an der Orgel – hervorragend zur Geltung kam.

Es wurde ein wahres Fest. „Balsam für Mecklenburgs Seele“, sagte ein jüngerer Teilnehmer am Tag darauf. Rund 400 Menschen waren gekommen, unter ihnen auch einige (wenige) Nicht-Mecklenburger wie der Direktor der Hamburger Akademie oder der Prerower Pastor, um die Präsentation von Rathkes Lebenserinnerungen und der Festschrift zu erleben. Und in der Hauptsache: Man wollte Rathke lesen hören, teilhaben an seiner Lebensgeschichte, die viele der Anwesenden begleitet haben – als Gemeindeglieder, Mitarbeiter oder Pastoren.

Das in der Lutherischen Verlagsgesellschaft Kiel erschienene Buch musste inzwischen schon zwei Mal nachgedruckt werden. Im Anschluss an Rathkes Lesung stand eine lange Schlange beim Buchverkauf, jeder bekam eine Widmung, ein freundliches Wort. Dieses Buch ist nicht nur Lebenserinnerung, es ist auch Mecklenburgische Kirchengeschichte.

Ein Höhepunkt der Veranstaltung war die Übergabe einer Festschrift zum 85. Geburtstag Rathkes, der im letzten Dezember war. „Kirche für andere – Kirche mit anderen“, herausgegeben von Propst Karl-Matthias Siegert und Gerhard Altenburg, Referent im Bischofsbüro von Maltzahn, unter Mitarbeit von Pressesprecher Christian Meyer und Kirchenarchivleiter Johann Peter Wurm (siehe rechts).

Das Geleitwort hat Bischof von Maltzahn geschrieben, Propst Karl- Matthias Siegert ein Grußwort für den Kirchenkreis Mecklenburg und von Bundespräsident Joachim Gauck ist sein Grußwort, das er am 85. Geburtstag Rathkes in Schwerin hielt, abgedruckt.

Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 49/2014


Heinrich Rathke: „Wohin sollen wir gehen?“ Der Weg der Evangelischen Kirche in Mecklenburg im 20. Jahrhundert. Herausgegegen von Wolfgang Nixdorf, Dietlind Glüer, Eberhard Erdmann und Jens Langer. Lutherische Verlagsgesellschaft, Kiel 2014. ISBN 978-3-87503-173-7, 17.95 Euro.
Online bestellen: www.kirchenshop-online.de/wohin-sollen-wir-gehen.html

Jahrbuch für Mecklenburgische Kirchengeschichte MECKLENBURGIA SACRA
„Kirche für andere — Kirche mit anderen“ - Festschrift für Dr. Heinrich Rathke zum 85. Geburtstag
Herausgegeben von Gerhard Altenburg und Karl-Matthias Siegert unter Mitarbeit von Christian Meyer und Johann Peter Wurm. Redarius Verlag, Wismar 2014 c/o Pressestelle Kirchenkreis Mecklenburg, Bei der Nikolaikirche 1 18055 Rostock, E-Mail: pressestelle@elkm.de, ISBN 978-3-941917-07-1, Verkaufspreis: 18.90 Euro


Kirche für andere – Kirche mit anderenFestschrift zu Ehren von Altbischof Heinrich Rathke erschienen

Die Festschrift gliedert sich in vier große Kapitel. An erster Stelle stehen Biblisch-theologische Zugänge. Dieses Kapitel wird eröffnet von Landessuperintendent i. R. Heinrich Stühmeyer. Er schreibt eine Bibelarbeit zur Emmaus-Geschichte. Es folgt Heino Falcke, Erfurt, der uns mitnimmt auf die Bundessynode 1971 in Eisenach und beschreibt, warum „Kirche für andere“ auch heute noch ein „unverzichtbares Kennwort von Kirche“ ist. Falcke hielt diesen Vortrag im letzten Jahr auf dem Symposium anlässlich des 85. Geburtstages von Heinrich Rathke. Pastor i. R. Ulrich Müller bearbeitet das Thema „Staat und Kirche“ anhand einer systematisch-theologischen und rechtstheologischen Betrachtung, aus der sich ganz aktuelle Thesen ergeben. Den Abschluss bildet Gerhard Altenburgs biblisch-theologische Nachbetrachtung zum Symposium anlässlich Rathkes 85. Geburtstag.

Kirchengeschichte

Das zweite große Kapitel gilt dem Interesse an der Geschichte der mecklenburgischen Landeskirche. Dietlind Glüer schreibt über die Anfänge der Rostocker Südstadtgemeinde, in der Rathke 1962-69 Gemeindepastor war und Dietlind Glüer Mitarbeiterin. Pastor Ralf Schlenker erinnert an Pastor Martin Kuske (†) und dessen frühe Idee einer „Kirche mit anderen“. Pastor i. R. Arvid Schnauer untersucht den Rostocker Kirchentag 1983 „Vertrauen wagen“, und Pastor i. R. Uwe Schnell beschreibt die Gründerzeit der Krankenhausseelsorge in Rostock. Landessuperintendent i. R. Matthias Kleiminger untersucht das Feld der Dorfmissionsbewegung als Experimentierfeld für den Gemeindeaufbau. Heiko Lietz, ehemals Pastor, zeichnet den Weg der „Arbeitsgruppe Frieden“ nach und würdigt sie als regionalen Vorläufer der Ökumenischen Versammlung. Karl-Matthias Siegert schildert seine Sicht des Fusionsprozesses zur Nordkirche, und Pastor i. R. Jens Langer hat seine Predigt zum Abschied von der mecklenburgischen Landeskirche, gehalten im Mai 2012 in Güstrow, für uns bewahrt.

Grenzen öffnen

Ein drittes Kapitel widmet sich dem Thema „Grenzen öffnen“; mit folgenden Autoren: Friedel Hinz, Rathkes damaliger nordelbischer Kollege im Amt für Gemeindedienst, berichtet von denkwürdigen Grenzgängen zwischen Ost und West und einer gemeinsamen Verbundenheit im Glauben. Christa und Heiner Möhring, ehemaliger Präses der mecklenburgischen landessynode, würdigen in ihrem Beitrag die Bedeutung Heinrich Rathkes für die „fernen Nächsten“ in der Partnerkirche in Kasachstan. Pastorin i. R. Jutta Schnauer schreibt über ihren – seinerzeit nicht selbstverständlichen – Dienst als Frau auf der Kanzel. Zwei weitere Beiträge zeigen die politische Relevanz von Kirche: Jörn Mothes, Theologe und langjähriger Beauftragter für die Stasi-Unterlagen in Mecklenburg-Vorpommern, würdigt das Leben Heinrich Rathkes „als christliches Bekenntnis gegen den totalitären Staat“. Und auch Heinrich Rathke selbst kommt zu Wort mit seinen Erlebnissen der Wende-Zeit als „Revolution der Kerzen“; ein Abdruck aus den Lebenserinnerungen, mit dem deutlich gemacht wird, dass beide Bücher zusammengehören: „Wohin sollen wir gehen?“ und „Kirche für andere – Kirche mit anderen“.

Praktische Theologie

Ein letzter, vierter Teil sucht nach Impulsen für eine lebendige Praktische Theologie: Eberhard Winkler untersucht Rathkes Schrift „Gemeinde heute und morgen“ und stellt diese Schrift in die aktuelle praktischtheologische Diskussion. Ein weiterer Beitrag macht die Verbundenheit mit der Theologischen Fakultät in Rostock, an der Heinrich Rathke promoviert wurde, deutlich: Prof. Thomas Klie überdenkt die Rathkeschen Impulse in der ihm eigenen, auch provokanten Weise mit einem anregenden Beitrag. Und: Wolfgang von Rechenberg macht anhand des Projektes „TEO – Tage Ethischer Orientierung“ deutlich, welche Bedeutung die Kirche als Partnerin und Trägerin in der Bildungsarbeit hat. Nebenbei erfahren wir von der Gabe Heinrich Rathkes, Studenten aus Sachsen für den Dienst in Mecklenburg zu begeistern. Das letzte Wort in dieser Festschrift hat Heinrich Rathke. Neben seinem Lebenslauf gibt es eine Übersicht seiner Bücher und Aufsätze. In der Festschrift sind viele farbige Fotos seines 85. Geburtstages mit den Gästen im Goldenen Saal des Justizministeriums, sowie sein – plattdeutsch angereichertes – Grußwort.

Gerhard Altenburg