Wertvolles Zeugnis gelebten Glaubens mit Spenden restauriert Abendmahlskelch an Rostocker Innenstadtgemeinde übergeben

Freuen sich über die Rettung des wertvollen Abendmahlkelches: Heiner Schumacher (EKK), Marcus Mannewitz (Kuratorium Nikolaikirche), Pastor Tilmann Jeremias (Innenstadtgemeinde), Kirchenbaurat Karl-Heinz Schwarz (Baudezernat Nordkirche), Thomas Wurm (Restaurator), Wulf Kawan (Stiftung „Kirchliches Bauen in Mecklenburg“) (v.l.n.r.))

© kirche-mv.de/D.Vogel

23.05.2014 · Rostock. In filigraner Kleinarbeit hat Restaurator Thomas Wurm einen Abendmahlskelch aus der Mitte des 15. Jahrhunderts in seinen ursprünglichen Zustand versetzt. Heute übergab der Erfurter den gotischen Kelch aus Feingold und Sterlingsilber in der St. Marienkirche an die Rostocker Innenstadtgemeinde.

Rund 8000 Euro standen dank des finanziellen Engagements der Evangelischen Kreditgenossenschaft eG (EKK), der Stiftung „Kirchliches Bauen in Mecklenburg“ sowie Eigenmittel des Kuratoriums der Nikolaikirche bereit, um das Zeugnis gelebten Glaubens zu erhalten. Bei einem früheren Besuch in der Hansestadt hatte Restaurator Thomas Wurm entdeckt, wie einmalig und wertvoll das liturgische Gefäß (vas sacrum) aus der Rostocker Nikolaikirche ist. „Im Vergleich mit anderen Abendmahlskelchen aus dieser Zeit zieren das knapp 20 Zentimeter hohe Rostocker Exemplar relativ große und reich verzierte Emailleplatten. Ein einmaliges Stück in Mecklenburg, ja ganz Norddeutschland“, so Thomas Wurm.

Leider hatte der Zahn der Zeit an der Pracht kräftig genagt. „Wir mussten den Kelch im Vorjahr aus dem liturgischen Gebrauch nehmen, ohne zu wissen, wie es weitergeht“, blickte Kirchenbaurat Karl-Heinz Schwarz aus dem Baudezernat der Nordkirche zurück. Denn anders als beispielsweise bei einem kaputten Kirchendach oder einer gerissenen Glocke stünden Abendmahlsgeräte und andere Ausstattungsstücke einer Kirche nicht so im öffentlichen Fokus hinsichtlich Spenden und Fördergeld.

EKK-Bank und Stiftung „Kirchliches Bauen“ spendeten

Allein konnte das Kuratorium der Rostocker Nikolaikirche, aus dessen Besitz der Kelch stammt, die dringend notwendige aber 8000 Euro teure Restaurierung nicht stemmen, so Marcus Mannewitz. „Ein Anfangskapital in Höhe von 800 Euro konnten wir aber bereitstellen.“ Zum Glück begeisterte sich Heiner Schumacher von der Evangelischen Kreditgenossenschaft eG (EKK) - von Kirchenbaurat Schwarz bei einer gemeinsamen Autofahrt angesprochen - sofort für das Projekt. „Wir als Kirchenbank erhalten hier Gelegenheit, ,Kirche in ihrem Innersten“ zu fördern“, sagt der Schweriner Regionaldirektor, dessen Bank 3000 Euro spendete.

Weitere 3900 Euro kamen von der Stiftung „Kirchliches Bauen in Mecklenburg“. Vorsitzender Wulf Kawan sagt: „Damit eine Kirche ,lebt‘ muss in ihr Gottesdienst gefeiert werden können - und dazu gehört das Abendmahl. Und für ein Festmahl wird der Tisch mit den besten und schönsten Gerätschaften gedeckt, die vorhanden sind.“ Deshalb seien Abendmahlskelche schon seit Jahrhunderten besonders kunstvoll gestaltet worden. Kawan freut sich, „dass auch mit Hilfe der Stiftung ,Kirchliches Bauen in Mecklenburg‘ die kunstvolle Goldschmiedearbeit des Nikolai-Kelches in altem Glanz erstrahlt und wieder in Gebrauch kommt.“

Einhundert Stunden filigrane Arbeit

Mit der gesicherten Finanzierung in der Tasche konnte der Abendmahlskelch Anfang Januar 2014 die Reise in die Werkstatt von Thomas Wurm antreten. „Zusammen mit meinen beiden Kollegen haben wir wohl 100 Stunden an dem kostbaren Stück gearbeitet“, überschlägt der Restaurator und nennt die Schäden: Der Fuß des gotischen Kelches sei zerbrochen gewesen, und die Schale, aus der der Wein beim Abendmahl getrunken werde, präsentierte sich mit zahllosen kleinen Fraßlöchern übersäet. Wurm: „Ursache ist die im Wein enthaltene Säure.“

Doch das war noch nicht alles: Der Kelch aus Feingold und Sterlingsilber, der kurz vor der Reformation angefertigt wurde, ist mit sehr seltenen Reliefbildern versehen. Sie zeigen Maria, fünf Heilige und den Evangelisten Johannes. Wurm: „Doch deren ursprüngliche Farbgebung war an manchen Stellen nur noch unter dem Mikroskop zu erkennen. Das feuervergoldete Silber war zudem zerkratzt und verformt, Teile fehlten.“

Alte Handwerkskunst kam zum Zuge

Davon ist jetzt nichts mehr zu sehen: Mit Arbeitstechniken, wie sie schon Mitte des 15. Jahrhunderts angewendet wurden, und mit originalen Materialen restaurierten die Erfurter Fachleute den Abendmahlskelch. „Es gibt deutschlandweit nur wenige Werkstätten, die das alte Handwerk richtig beherrschen“, sagt Kirchenbaurat Schwarz zufrieden. Und ebenso dankbar ist Pastor Tilmann Jeremias: „Wenn wir an besonderen Feiertagen uns zum Abendmahl am Altar in der Marienkirche versammeln, kommt der Kelch künftig zum Einsatz. Das erste Mal übrigens am Pfingstsonntag beim Konfirmationsgottesdienst.“

Quelle: ELKM (cme)