Gottes Lob singen 50 Jahre Motettenchor Rostock

Von Matthias Kleiminger

Der Rostocker Motettenchor war der einzige Kirchenchor in der DDR, der eine Schallplattenaufnahme machen durfte. Wie glücklich war man, wenn man davon auch eine kaufen konnte!

Foto: Arnt Löber

14.09.2014 · Rostock.

Machen wir es uns einmal klar: Fast an jedem Tag finden in Mecklenburg und Vorpommern Proben von Kirchenchören statt. Es sind Tausende, die da in großer Regelmäßigkeit daran üben, miteinander in Gottesdiensten, bei Konzerten oder auf Reisen Gottes Lob schön werden zu lassen. Und wie immer, wenn man mit gesungenem Gotteswort umgeht, entsteht dabei eine Gemeinschaft, es macht Spaß, es wird gelacht oder auch mal gemeinsam geweint. So versammelt sich Gemeinde zu gemeinsamem Singen.

Das wäre nicht möglich, wenn nicht eine große Zahl von ehrenamtlichen Chorleitern diese Chöre leiten würden. Ihnen sei an dieser Stelle ausdrücklich gedankt. Solche Basisarbeit ist es, die erst die Entstehung besonders leistungsstarker Chöre möglich macht, die dann auch unter künstlerischen Ansprüchen ein hohes Niveau erreichen.

Mit einem großen Fest feierte der Rostocker Motettenchor kürzlich sein 50-jähriges Bestehen. Viele Aktive und noch mehr Ehemalige trafen sich zu gemeinsamem Singen und ausführlichem Erinnern. Allen wurde bewusst, wie sehr das gemeinsame Singen sie geprägt hat; wie selbstverständlich Freundschaften entstanden waren und wie sich ein unsichtbares und doch tragendes Netz gespannt hatte, das vielen in unterschiedlichen Lebenssituationen Halt gegeben hat.

Unverkennbarer Chorklang

Kantor Hartwig Eschenburg (heute 80 Jahre alt) hatte den Chor 1964 mit dem Ziel gegründet, mit musikalisch besonders begabten Chorsängern vermehrt auch schwierige moderne Werke der Neuzeit aufzuführen und gleichzeitig das Erbe alter Musik, z.B. von Heinrich Schütz zu pflegen. Großen Wert legte er dabei darauf, einen unverkennbaren Chorklang herauszubilden.

Aus diesem Grund erhielten die meisten Sänger Gesangsunterricht bei Annelise Buschmann. Und wenn dies z.B. manche Studenten finanziell überforderte, sprang die Kantorei zuweilen mit Hilfszahlungen ein. Eine besondere Wertschätzung erfuhr das hohe Niveau des Chorsingens, als der Rostocker Motettenchor als einziger Kirchenchor der DDR Schallplattenaufnahmen machen durfte. In der Folgezeit war der Chor dann in vielen Gemeinden im In- und Ausland zu Geistlichen Abendmusiken zu Gast.

Im Jahr 2000 löste Kantor Markus Langer (heute 42 Jahre alt) Hartwig Eschenburg in der Leitung des Chores ab. Vieles blieb ähnlich. Manches änderte sich grundlegend. Die neuen gesellschaftlichen Bedingungen brachten viele neue Chancen und zugleich manche Veränderungen in den Strukturen des Chores.

Eines aber ist den vielen Ehemaligen und den jetzt Aktiven gemeinsam klar: Musik ist aus unserem Leben nicht wegzudenken. Sie beeinflusst unser Fühlen und Denken. Sie kann Worte und Ideen weitertragen, Stimmungen hervorrufen und verändern. Wie oft kam mancher Sänger müde und abgespannt zu einer Probe und ging nach 2 1/2 Stunden fröhlich und gestärkt nach Hause?

Musik spielt besondere Rolle

An den Höhe- und Tiefpunkten des Lebens spielt die Musik oft eine besondere Rolle. Immer verdichtet sie Atmosphären und sie schenkt unserem Glauben eine Ausdrucksform. Dazu gehört, dass im Chor stets die Hoffnungsbilder der Bibel, etwa von der Auferstehung der Toten oder dem anbrechenden Reich Gottes besungen werden, auch, wenn darüber vielleicht ungern gesprochen würde. Das gesungene Wort greift voraus in ein verheißenes Land, in dem die Tränen abgewischt und wir getröstet sein werden.

Lebenshoffnungen müssen eingeübt und gemeinsam ausgedrückt werden. Für die Sängerinnen und Sänger des Motettenchores ist das Chorsingen eine solche Möglichkeit. Wer in Gemeinschaft singt, betritt einen spirituellen Erfahrungsraum, den andere und frühere Generationen bereits bewohnt und gestaltet haben. Dem Chor sind in unterschiedlichen Situationen Sternstunden geschenkt worden. Eigenartig, dass solche Momente keine Ahnung davon zu haben scheinen, wie wichtig sie einmal gewesen sein werden.

Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 37/2014


Der Autor Pastor Matthias Kleiminger war viele Jahre Landessuperintendent des ehemaligen Kirchenkreises Rostock. Er ist seit Jahrzehnten Mitglied des Rostocker Motettenchores.