Die Gemeinde feiert mit viel Musik 225 Jahre – Rügens älteste Orgel feiert Geburtstag

Prunkvoll: die Gingster Orgel. Vom 3. bis 9. August wird sie gefeiert.

Rainer Neumann

06.08.2015 · Gingst.

Sie sieht aus, als hätte sie sich in Schale geworfen, die Orgel in Gingst auf Rügen: Goldverzierungen ranken um ihr Gehäuse, zwei Engel schweben darüber, an der Spitze prangt ein Stern. Tatsächlich gäbe es für Festschmuck gerade einen guten Grund: Die Orgel wird 225. Auf den Tag genau kann Pastor Joachim Gerber sagen, wann sie eingeweiht wurde. „Dank einer alten Aufschrift auf dem Notenpult wissen wir dass sie am ‚10ten Sonntage n. Trinitatis 1790‘ zum ersten Mal im Gottesdienst erklang, also am 8. August 1790“, sagt er.

Seltene Kindt-Orgel

Damit sei sie die älteste Orgel Rügens – und noch aus einem anderen Grund eine Besonderheit: Orgelbaumeister Christian Kindt aus Stralsund hat sie gebaut. „In Vorpommern gibt es nur zwei Orgeln von ihm“, weiß Gerber. Die andere, in Sargard, sei später umgebaut worden, „unsere ist noch sehr nah am Original.“ Deshalb werde sie von Kirchenmusikern auch so gern gespielt.

Alt-Bischof Berger kommt

So auch in der Festwoche, die bis zum kommenden Sonntag, 9. August, läuft: Jeden Tag ab 12 Uhr zeigt ein anderer Organist aus Vorpommern in einer kleinen Orgelandacht, was in dem Jubiläumsinstrument steckt, darunter Martin Rost aus Stralsund und Frank Thomas aus Bergen. Mit einem Gottesdienst am 9. August um 9.30 Uhr endet die Orgel-Festwoche, der frühere pommersche Bischof Eduard Berger wird als Gast erwartet. „Wir haben ihn gefragt, ob er die Pröpste, die im Urlaub sind, vertreten würde, und freuen uns sehr, dass er kommt“, erzählt Pastor Gerber.

Auch auf dem Marktplatz vor der Kirche wird am 8. und 9. August einiges los sein: Der 13. Gingster Kunsthandwerkermarkt hat geöffnet, von 10 bis 18 Uhr. Rund 80 Bleche Kuchen wollen Ehrenamtliche aus der Kirchengemeinde dann wieder backen und an die Besucher verkaufen. „Unser Kuchen ist beliebt, erfahrungsgemäß machen wir damit rund 1700 bis 1800 Euro Erlös“, erzählt Joachim Gerber. Geld, das diesmal für die alte Orgel beiseite gelegt werden soll. Denn noch klinge das Instrument wunderbar, aber in ein paar Jahren könnten die ersten schiefen Töne zu hören sein, fürchtet der Pastor.

Restaurierung programmiert

Die Originalpfeifen seien im Krieg eingeschmolzen worden, reine Zinnpfeifen ersetzen sie heute. „Das Material ist für die großen Pfeifen eigentlich zu weich, die verformen sich gewissermaßen unter ihrer eigenen Last“, erklärt Gerber. Gespräche mit Experten ergaben: 300.000 bis 400.000 Euro wird die Restaurierung voraussichtlich kosten. Das große Sammeln hat begonnen.

Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 31/2015