Gemeinsam unterwegs 1200 Besucher mit 800 Motorrädern auf dem Greifswalder MOGO

Von Christine Senkbeil

Erstmals dabei: die Biker Sören Springer und Nina Siermann.

Foto: OZ/Peter Binder

16.08.2015 · Greifswald. Alles ist anders beim MOGO, als bei einem ganz normalen Gottesdienst. Motorenknattern statt Glockenklingen. Lederjacke statt Talar. Essen, Trinken, Schwatzen? Erlaubt. Die Besucher sind meist auch keine gläubigen Christen. Und doch passiert hier etwas, das über die Atmosphäre hinausgeht, die ein cooles Motorradtreffen im Allgemeinen so mitbringt.

Nein, in der Kirche ist der 28-jährige Sören Springer aus Greifswald nicht. Zum ersten Mal ist er bei diesem Trubel auf dem Marktplatz – mit seiner Honda Fireblade. Und natürlich mit Nina Siermann, 23, seiner Freundin, die seit einem Jahr den Führerschein und eine Yamaha hat – und die sogar konfirmiert ist. Eines Führerscheins bedarf es nämlich schon, um hier als Fahrer dabei zu sein, wenn sich 1200 Biker zum vierten großen Motorradgottesdienst (MOGO) treffen. Eines Taufscheins jedoch nicht – und die wenigsten der 1500 Teilnehmer haben einen. „Das ist hier eben ein Bild des Lebens“, sagt Uwe Stiller, Pastor aus Rendsburg, Initiator dieser Veranstaltung. Ein Gottesdienst läuft hier, bei dem man essen, trinken, quatschen kann, ein Biker bahnt sich während der Predigt knatternd seinen Weg durch die Menge der restlichen 850 Motorräder – „so ist das eben“, sagt Stiller unbesorgt. „Wir geben hier keine Doktrin. Aber man kann eben auch die Lauscher aufspannen.“

Dass dies durchaus passiert, merkt der Pastor für Biker-Seelsorge vor allem an seinem Telefon, das in den Tagen nach dem Event dauerklingelt. „Es rufen so viele Leute an, die Danke für die Predigt sagen wollen“, sagt er. In diesem Jahr redete Stiller auf der Marktbühne über das Motto „Geboren um zu Leben – born to life“. Geld, Besitz seien Werte, die ein Leben nicht ausfüllen können. Lebensüberzeugungen, innere Werte müssten hinzukommen. Aber welche? „Das Evangelium ist da eine gute Adresse“, erklärt Stiller locker und überzeugt. Die Nachdenklichkeit, die die Motorradfahrer erreicht, hat viel damit zu tun, dass sie und ihre Freunde stets nah an Situationen sind, die sehr schnell die Endlichkeit des Lebens vor Augen führen. Die Straße ist gefährlich.

„Wir sind hier bei unseren Kernaufgaben“

Auch das wird offenbar, wenn die Biker, Christen oder Nichtchristen, nach dem Gottesdienst bei Uwe Stiller anrufen, von erlebten Unfällen erzählen, von Menschen, die sie verloren haben, von ihren Sorgen. Seelsorge eben. „Wir sind hier als Pastoren bei unseren Kernaufgaben“, sagt er und ist überzeugt, dass gerade der Motorradgottesdienst eine wichtige Schnittstelle ist, wo Kirche den Menschen noch etwas mitteilen und ihren Auftrag erfüllen kann.

Seelsorge für Motorradfahrer: Seit 16 Jahren baut er deshalb mit Pastor Holger Jahnke von „Bikers Helpline“ ein Telefonnetz aus, das inzwischen bundesweit funktioniert und durch die Mitarbeit von zwölf Aktiven 24 Stunden am Tag betreut wird.

Veranstaltungen wie in Greifswald machen Uwe Stiller Mut, diese Arbeit ehrenamtlich weiterzumachen. Vor vier Jahren trug er aus alter Liebe zur Stadt Greifswald die Idee beim Oberbürgermeister vor. Arthur König und auch Bischof Abromeit erwärmten sich für den Gedanken. Nun hat sich der MOGO so etabliert, dass der Pommersche Kirchenkreis ihn verwaltungstechnisch mit in seine Strukturen übernimmt. „Ein tolles Zeichen der Zusammenarbeit in der Nordkirche“, sagt Stiller: „Gemeinsam unterwegs“. Der Termin für den fünften MOGO steht fest: 14. August 2016.

Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 33/2015